Gewaltiger Halo aus heißem Gas um NGC 6240
von Stefan Deiters astronews.com
3. Mai 2013
Astronomen haben mithilfe des Röntgenteleskops Chandra
eine gewaltige Wolke aus heißem Gas untersucht, die ein System aus zwei
kollidierenden Spiralgalaxien umgibt. Die Kollision in rund 330 Millionen
Lichtjahren Entfernung erlaubt den Forschern einen Blick auf Vorgänge, die im
jungen Universum relativ häufig waren.

NGC 6240 - ein System aus zwei kollidierenden
Spiralgalaxien.
Bild:
NASA/CXC/SAO/E. Nardini et al (Chandra), NASA/STScI
(Hubble) [Großansicht] |
Mithilfe des Weltraumteleskops Chandra der NASA haben Astronomen
einen detaillierten Blick auf das System NGC 6240 geworfen. Es besteht aus zwei
kollidierenden Spiralgalaxien. Jede der Galaxien war ursprünglich in etwa so
groß wie unsere Milchstraße und beherbergt in ihrem Zentrum ein
supermassereiches Schwarzes Loch. Durch die Kollision der beiden Galaxien nähern
sich auch ihre Schwarzen Löcher immer weiter an und könnten eines Tages zu einem
noch massereicheren Schwarzen Loch verschmelzen (astronews.com
berichtete wiederholt).
Eine weitere Folge dieser und anderer Galaxienkollisionen ist, dass das Gas,
das sich in den Galaxien befindet, erheblich durcheinandergewirbelt wird. An
einigen Stellen wird es komprimiert, wodurch heftige Phasen von Sternentstehung
ausgelöst werden. Man glaubt, dass im Falle von NGC 6240 dieser "stellare
Babyboom" bereits seit mindestens 200 Millionen Jahren andauert. In
Sternentstehungsgebieten werden auch immer einige besonders massereiche Sterne
geboren, die ihr nukleares Leben innerhalb von nur wenigen Millionen Jahren
durchlaufen und dann als Supernova explodieren.
Astronomen haben mit Chandra nun die gewaltige Wolke aus heißem Gas,
die NGC 6240 umgibt, genauer untersucht. Dieser sogenannte Halo hat einen
Durchmesser von rund 300.000 Lichtjahren und enthält Gas mit einer Masse, die
etwa der 10-Milliarden-fachen Masse unserer Sonne entspricht. Das Gas hat eine
Temperatur von mehr als sieben Millionen Grad Celsius.
Nach Ansicht der Wissenschaftler gelangten durch die Supernova-Explosionen
der massereichen Sterne große Mengen an wichtigen Elementen, wie Sauerstoff,
Neon, Magnesium und Silizium in das heiße Gas, das die beiden Galaxien umgibt.
Das angereicherte Gas hat sich dann langsam immer weiter ausgedehnt und sich mit
kühlerem Gas vermischt, das dort bereits vorhanden war.
Während der langen Sternentstehungsphase in dem System wurden nicht
ununterbrochen neuen Sterne geboren, sondern es kam zu wiederholten
Sternentstehungsausbrüchen. Der jüngste Ausbruch dauerte rund fünf Millionen
Jahre und ereignete sich vor etwa 20 Millionen Jahren. Allerdings glauben die
Astronomen, dass dieser kurze Ausbruch nicht allein für das heiße Gas im Halo
von NGC 6240 verantwortlich ist.
NGC 6420 dürfte einmal zu einer jungen elliptischen Galaxie werden. Unklar
ist allerdings, wie viel von dem heißen Gas, das jetzt mit Chandra
untersucht wurde, diese Galaxie dann an sich binden kann und wie viel davon in
den intergalaktischen Raum verloren geht.
Für die Astronomen bietet NGC 6420 die Möglichkeit, die Verschmelzung von
zwei Spiralgalaxien in relativer Nähe zu verfolgen. Dies ist auch deswegen
interessant, weil sich ähnliche Ereignisse im jungen Universum deutlich häufiger
zugetragen haben müssen. NGC 6420 ist etwa 330 Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernt und liegt im Sternbild Schlangenträger.
Das Bild entstand aus Röntgen-Daten von Chandra (in lila
dargestellt) und aus Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble im
sichtbaren Bereich des Lichts. Über ihre Untersuchungen haben die Astronomen
kürzlich in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal berichtet.
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