Cassini beobachtet Einschläge im Ringsystem
von Stefan Deiters astronews.com
29. April 2013
Dank Aufnahmen der Saturnsonde Cassini konnten
Astronomen jetzt erstmals verfolgen, wie kleine Meteoroiden mit dem Ringsystem
des Planeten kollidieren. Sie entdeckten auf Bildern der Ringe entsprechende
verräterische Spuren. Die Häufigkeit, mit der es zu solchen Kollisionen kommt,
scheint der Rate auf der Erde zu gleichen.

Die langgezogene
helle Wolke (in der unteren Bildhälfte) im
A-Rring des Saturn ist ein Hinweis auf
einen Einschlag.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Space Science
Institute / Cornell |
Durch die in der vergangenen Woche in der Wissenschaftszeitschrift Science
vorgestellten Beobachtungen wird Saturn zum vierten Objekt im Sonnensystem, bei
dem es gelungen ist, die Folgen von Einschlägen praktisch in Echtzeit zu
verfolgen. Vergleichbare Beobachtungen konnte man bislang nur auf der Erde, dem
Mond und dem Gasriesen Jupiter machen. Daten über die Häufigkeit solcher
Einschläge in verschiedenen Regionen des Sonnensystems erlauben den Astronomen
auch Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte der Planeten an diesen Stellen.
Jeder, der schon einmal das Glück hatte, eine Sternschnuppe zu sehen, weiß, dass
es im Sonnensystem unzählige kleine Brocken gibt, die zusammen mit den Planeten
und Asteroiden die Sonne umkreisen. Manchmal geraten sie jedoch auf
Kollisionskurs mit einem Planeten. Im Falle der Erde treten diese Meteoroiden
dann in die Atmosphäre ein und verglühen als Meteore oder Sternschnuppen. Bei
größeren Brocken kann noch ein Rest die Erdoberfläche erreichen. Diese Reste
nennt man dann Meteoriten.
Die Meteoroiden, die mit den Ringen des Saturn kollidieren, haben nach Ansicht
der Astronomen eine Größe zwischen einem Zentimeter und mehreren Metern. Die
Wissenschaftler benötigten mehrere Jahre, um auf den Bildern, die die
Saturnsonde Cassini von den Ringen des Planeten gemacht hatte, die
Spuren von insgesamt neun Einschlägen von Meteoroiden aufzuspüren, die sich
2005, 2009 und 2012 ereignet hatten.
Die Ringe des Saturn haben sich schon in der Vergangenheit als äußerst
empfindliche Detektoren für ganz verschiedene Phänomene rund um den Planeten
erwiesen. So hinterlässt der Umlauf der zahlreichen Monde verräterische Spuren
im Ringsystem und eine Welle, die über 19.000 Kilometer durch die innersten
Ringe läuft, ist ein Hinweis auf den Treffer eines besonders großen Meteoroiden,
den es 1983 gegeben haben muss (astronews.com berichtete).
"Diese neuen Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einschlagrate dieser kleinen
Brocken beim Saturn etwa genauso groß ist wie bei der Erde - zwei sehr
unterschiedliche Regionen in unserem Sonnensystem. Das ist schon faszinierend zu
sehen", meint Linda Spilker, die Cassini-Projektwissenschaftlerin am
Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Um dies herauszufinden, bedurfte
es des Ringsystems des Saturn, das - mit der 100-fachen Oberfläche der Erde -
als riesiger Meteoroidendetektor diente und der langen Tour von Cassini
durch das Saturnsystem."
Dabei hatte das Cassini-Team noch eine extra Portion Glück, da sich
Cassini zu einem besonderen Zeitpunkt im Saturnsystem befand - nämlich rund
um die Tagundnachtgleiche im Jahr 2009 (astronews.com berichtete): Die Sonne
schien in dieser Zeit praktisch direkt auf die Kante der Ringe, so dass sich die
Partikelwolken, die bei den Einschlägen aufgewirbelt wurden, auf den Cassini-Aufnahmen besonders
gut vor den dunklen Ringen abzeichneten.
"Wir wussten, dass sich diese kleinen Einschläge ständig ereignen, aber wir
konnten nicht einschätzen, wie groß und wie häufig sie sind", so Matt Tiscareno
von der Cornell University, der auch zum Cassini-Team gehört.
"Wir hatten auch nicht unbedingt erwartet, dass sie sich in Form von
spektakulären langgezogenen Wolken zeigen. Das Sonnenlicht, das direkt auf die
Kante der Ringe schien, hat praktisch wie eine Enttarnvorrichtung gewirkt, so
dass diese ansonsten unsichtbaren Strukturen sichtbar wurden."
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Meteoroiden einer bestimmten Größe bei
der ersten Kollision mit den Ringen zunächst zerbrechen und die Bruchstücke
dann in einen Orbit um Saturn geraten. Beim anschließenden Einschlag dieser
Bruchstücke in die Ringe werden dann Partikelwolken aufgewirbelt. Da die
Partikel in diesen Wolken allerdings alle verschiedene Umlaufgeschwindigkeiten
um Saturn haben, werden die Wolken schnell gestreckt, so dass sie auf den
Bildern als lange, helle Streifen zu erkennen sind.
"Die Ringe des Saturn sind normalerweise hell und sehr sauber, was bei einigen
zu der Vermutung führt, dass sie deutlich jünger sind als der Saturn selbst",
erklärt Jeff Cuzzi vom Ames Research Center der NASA, der auch zum Team
gehörte und ein Spezialist für Planetenringe und Staub ist. "Um diese These zu
überprüfen, ist es wichtig, die Rate zu kennen, mit der Material von außerhalb
in das Ringsystem gerät. Die neue Untersuchung liefert dazu wichtige Daten, da
Einschläge entdeckt wurden, die bislang nicht direkt auszumachen waren."
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