Effekte der Relativitätstheorie beobachtet
von Stefan Deiters astronews.com
8. April 2013
Mithilfe des NASA-Teleskops Kepler, das über
150.000 Sterne nach Transitplaneten absucht, haben Astronomen eine ganz
besondere Entdeckung gemacht: Sie konnten beobachten, wie die Anziehungskraft
eines Weißen Zwergsterns das Licht eines anderen Sterns ablenkt und dadurch
verstärkt - ein Effekt, der von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie
vorhergesagt wird.

Die Kepler-Daten ergaben, dass die Masse
eines Weißen Zwergs das Licht eines roten
Zwergsterns ablenkte und verstärkte. Bild:
NASA/JPL-Caltech |
"Dieser Weiße Zwerg hat etwa die Größe der Erde, jedoch die Masse unserer
Sonne", erläutert Phil Muirhead vom California Institute of Technology,
der das Astronomenteam leitete. Weiße Zwerge sind ausgebrannte Sternenreste. Der
von Muirhead und seinen Mitarbeitern entdeckte Weiße Zwerg bildet mit einem
roten Zwergstern ein Doppelsternsystem. "Seine Masse ist so groß, dass der rote
Zwergstern, obwohl er physikalisch größer ist, den Weißen Zwerg umkreist."
Das Weltraumteleskop Kepler sucht mithilfe der Transitmethode
eigentlich nach Planeten und visiert dazu ständig über 150.000 Sterne an, deren
Helligkeit die Detektoren des Teleskops alle 30 Minuten messen. Wandert - aus
Keplers Perspektive - ein Planet direkt vor seiner Sonne entlang,
verdunkelt er seinen Zentralstern ein wenig - ein Helligkeitsabfall, den
Kepler registrieren kann.
Muirhead und sein Team nutzen öffentlich zugängliche Kepler-Daten,
um darin nach Planeten um Sterne zu suchen, die masseärmer sind als unsere
Sonne, um sogenannte rote Zwergsterne. Sie sind kälter und röter als unser eher
gelblicher Zentralstern. Als die Astronomen erstmals die Daten von einem Objekt
namens KOI-256 in Augenschein nahmen, dachten sie zunächst, sie hätten es mit
einem Gasplaneten zu tun, der einen roten Zwergstern umkreist.
"Wir sahen einen großen Helligkeitsabfall von dem Licht des Sterns und haben
daher zunächst angenommen, dass ein Gasplanet, etwa in der Größe von Jupiter,
dafür verantwortlich ist", erinnert sich Muirhead. Die Wissenschaftler machten
weitere Beobachtungen mit dem Hale-Teleskop am Palomar Observatory in
der Nähe von San Diego und stellten so fest, dass der rote Zwergstern deutlich
hin und her wackelt - und zwar sehr viel stärker, als man es durch einen
umlaufenden Gasplaneten erwarten würde. Da wurde den Astronomen klar, dass sie
es offenbar nicht mit einem Planetensystem, sondern mit einem Doppelsternsystem
aus einem roten und einem Weißen Zwerg zu tun hatten.
Eine erneute Analyse der Kepler-Daten brachte dann eine weitere
Überraschung: Immer wenn sich der Weiße Zwerg - von der Erde aus gesehen - vor
dem Roten Zwergstern befindet, sorgt die Gravitationswirkung seiner Masse dafür,
dass das Licht des roten Zwergsterns abgelenkt und verstärkt wird: Die
Reduzierung der Helligkeit während des Transits des Weißen Zwergs fällt dadurch
geringer aus als eigentlich zu erwarten ist.
"Nur Kepler kann einen so winzigen Effekt messen", meinte Doug
Hudgins, Kepler-Programmwissenschaftler am NASA-Hauptquartier in
Washington. "Aber durch diese Beobachtung werden wir nun Zeuge eines Phänomens
von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie in einem weit entfernten
Sternsystem."
Einstein sagte in seiner berühmten Theorie unter anderem voraus, dass auch
Licht durch die Gravitationswirkung massereicher Objekte abgelenkt wird. Man
macht sich dieses als Gravitationslinseneffekt bekannte Phänomen regelmäßig
zunutze: So verstärkt etwa die Masse gewaltiger Galaxienhaufen das Licht noch
weiter entfernter Galaxien zuweilen so stark, dass sie für unsere Teleskope
dadurch erst beobachtbar werden.
Den aus den Kepler-Daten ablesbaren Gravitationslinseneffekt nutzten
die Wissenschaftler, um die Masse des Weißen Zwergs zu bestimmen. Durch
Kombination von allen bekannten Daten über das System konnten sie dann auch die
Masse des roten Zwergsterns und die Größe beider Partner des Systems bestimmen.
Über ihre Untersuchung berichten die Astronomen im April in der Fachzeitschrift
Astrophysical Journal.
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