Ungleiches Paar mit neuem Rekord
von Stefan Deiters astronews.com
25. März 2013
Astronomen haben ein kompaktes Doppelsternsystem aus einem
massearmen Stern und einem Schwarzen Loch entdeckt, dessen Partner sich alle 2,4
Stunden umkreisen. Dies ist schneller, als es zuvor in jedem anderen System
dieser Art beobachtet wurde. Die Entdeckung gelang mithilfe verschiedener
Teleskope, darunter auch das Röntgenteleskop XMM-Newton der ESA.

Im System MAXI J1659-152 bewegt sich ein
roter Zwergstern mit Rekordgeschwindigkeit um das
Massenzentrum des Doppelsystems.
Bild: ESA |
Das ungleiche Paar mit der Bezeichnung MAXI J1659-152 besteht aus einem
Schwarzen Loch mit mindestens der dreifachen Masse unserer Sonne und einem roten
Zwerg, der nur etwa ein Fünftel der Masse unseres Zentralsterns aufweist. Die
Entfernung zwischen dem Schwarzen Loch und dem Zwergstern beträgt lediglich rund
eine Million Kilometer.
Das Objekt wurde am 25. September 2010 vom NASA-Satelliten Swift
entdeckt, der eigentlich nach den mysteriösen Gamma-ray Bursts, also
nach plötzlich auftretenden, kurzen Ausbrüchen im Gammastrahlenbereich Ausschau
halten soll. Man hielt MAXI J1659-152 zunächst für einen solchen Gamma-ray
Burst, entdeckte jedoch noch am selben Tag mit dem japanischen Teleskop
MAXI an Bord der Internationalen Raumstation ISS auch eine helle Röntgenquelle
an dieser Stelle.
Weitere Beobachtungen mit anderen Teleskopen, darunter das europäische
Röntgen-Weltraumteleskop XMM-Newton, zeigten dann, dass die
Röntgenstrahlen offenbar aus der unmittelbaren Nähe eines stellaren Schwarzen
Lochs stammen, das gerade Material von einem nahen Begleiter aufsaugt. Dieses
Material sammelt sich in einer Scheibe um das Schwarze Loch und heizt sich hier,
bevor es auf Nimmerwiedersehen verschwindet, auf extreme Temperaturen auf.
Deswegen sendet das heiße Gas auch eine intensive Strahlung aus.
XMM-Newton hat MAXI J1659-152 14,5 Stunden lang ununterbrochen beobachtet,
wobei den Astronomen regelmäßige Schwankungen bei der Intensität der
Röntgenstrahlung auffielen. Diese entstehen offenbar dadurch, dass die Strahlung
zeitweise vom etwas unebenen Rand der Scheibe um das Schwarze Loch verdeckt
wird. Von der Erde aus schauen wir fast genau auf die Kante dieser Scheibe.
Aus diesen regelmäßigen Schwankungen konnten die Astronomen auf die
Bahnperiode des Systems schließen: Sie beträgt lediglich 2,4 Stunden - ein neuer
Rekord für ein solches System. Der bisherige Rekordhalter, Swift J1753.5–0127,
hatte es auf eine Orbitperiode von 3,2 Stunden gebracht.
Das Schwarze Loch und der rote Zwergstern umkreisen beide ihr gemeinsames
Massezentrum. Da der Stern allerdings deutlich weniger Masse hat als das
Schwarze Loch, ist er weiter von diesem Punkt entfernt als sein massereicherer
Partner und muss deshalb einen deutlich längeren Weg zurücklegen - und dies mit
einer Geschwindigkeit von zwei Millionen Kilometern pro Stunde. Das ist die
höchste Geschwindigkeit, die man je für einen Stern in einem solchen
Röntgen-Doppelsternsystem festgestellt hat. Das Schwarze Loch hingegen bewegt
sich mit "nur" 150.000 Kilometern pro Stunde um den Schwerpunkt des Systems.
"Der Begleitstern umrundet das gemeinsame Massezentrum mit einer
faszinierenden Geschwindigkeit, fast 20-mal schneller als die Erde um die Sonne
kreist", so Eric Kuulkers von der European Astronomy Centre der
europäischen Weltraumagentur ESA im spanischen Madrid. "Auf diesem Karussell auf
dem galaktischen Jahrmarkt würde man vermutlich lieber nicht mitfahren wollen."
Das Team um Kuulkers stellte auch fest, dass sich MAXI J1659-152 weit
oberhalb der galaktischen Ebene befindet und damit außerhalb der Spiralarme
unserer Milchstraße. Diese Eigenschaft teilt das System mit nur zwei weiteren
bekannten Objekten, darunter auch der bisherige Rekordhalter Swift J1753.5–0127.
Die Astronomen halten es daher für möglich, dass es einen Zusammenhang
zwischen den kurzen Bahnperioden und der Lage dieser Objekte geben könnte.
Eventuell, so die Vermutung der Forscher, handelt es sich um eine neue Klasse
von Objekten, die - durch die Supernova-Explosion, bei der das Schwarze Loch
entstanden ist - aus der Ebene der Milchstraße hinausgekickt worden sind.
Die Astronomen berichten über ihre Beobachtungen in der Fachzeitschrift
Astronomy & Astrophysics.
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