Neue präzisere Entfernungsmessung
von Stefan Deiters astronews.com
7. März 2013
Durch sorgfältige Beobachtungen ist es Astronomen nun
gelungen, die Entfernung der Großen Magellanschen Wolke mit einem Fehler von nur
zwei Prozent zu bestimmen. Unsere Nachbargalaxie ist danach 163.000 Lichtjahre
von der Erde entfernt. Die Messung hat auch Einfluss auf andere
Entfernungsmessungen, die von kosmologischer Bedeutung sind.
Künstlerische Darstellung eines
Bedeckungsveränderlichen.
Bild: ESO/L.
Calçada |
Um die Distanz zu weit entfernten Objekten zu bestimmen, gehen Astronomen
schrittweise vor: Sie suchen zunächst nach Objekten in unserer relativen
Nachbarschaft, deren Helligkeit und Entfernung sie genau zu kennen glauben und
versuchen dann solche Objekte auch in weiter entfernten Regionen zu
identifizieren. Zu diesen sogenannten Standardkerzen zählen beispielsweise
Supernova-Explosionen eines bestimmten Typs oder eine spezielle Sorte
pulsierender Sterne, sogenannte Cepheiden.
Mithilfe dieser Standardkerzen versucht man nun, immer weitere Entfernungen
im Universum zu erschließen, wobei die ermittelte Distanz immer nur so gut sein
kann, wie das schwächste Glied der Entfernungskette. Gerade die genaue
Bestimmung der Entfernung zur vergleichsweise nahe gelegenen Großen
Magellanschen Wolke aber, einer Satellitengalaxie der Milchstraße, erwies sich
in der Vergangenheit als recht schwierig. Und dies ist nicht unproblematisch, da
viele Sterne dieser Galaxie zur Kalibrierung für Messungen größerer Entfernungen
genutzt werden. Solche Messungen wiederum haben kosmologische Bedeutung, da sich
aus ihnen zum Beispiel Informationen über die Ausdehnungsrate des Universums
ableiten lassen.
Dank der präzisen Beobachtung eines seltenen Typs von Doppelsternen ist es
Astronomen nun aber gelungen, einen deutlich genaueren Wert für die Entfernung
zur Großen Magellanschen Wolke zu ermitteln: Die Satellitengalaxie ist danach
163.000 Lichtjahre von uns entfernt. "Ich bin total begeistert, weil Astronomen
seit hundert Jahren versucht haben, die Entfernung zur Großen Magellanschen
Wolke genau zu bestimmen. Das Ganze hat sich als sehr schwierig erwiesen", so
Wolfgang Gieren von der chilenischen Universidad de Concepción, einer
der Leiter des Teams. "Jetzt haben wir das Problem gelöst, mit einer Entfernung,
die auf zwei Prozent genau ist."
Für ihre Untersuchung haben die Astronomen seltene enge Sternenpaare
beobachtet, sogenannte Bedeckungsveränderliche. Während diese Sterne einander
umlaufen, verdecken sie sich regelmäßig, was zu einer messbaren
Helligkeitsveränderung des Systems führt, die unterschiedlich ausfällt, je
nachdem, ob sich ein Stern - von der Erde aus gesehen - vor oder hinter seinem
Partner befindet.
Die Forscher haben nicht nur die Helligkeitsänderungen
der Systeme genau vermessen, sondern auch ihre jeweiligen Bahngeschwindigkeiten.
So konnten sie Größe, Masse und weitere Details ihrer Orbits bestimmen.
Kombiniert mit einer genauen Messung der Gesamthelligkeit und Farbe der Systeme
gelang es so, vergleichsweise genaue Entfernungen zu errechnen.
Man hatte dieses Verfahren schon früher für Entfernungsmessungen angewandt,
dabei aber sehr heiße Sterne verwendet, über die man noch gewisse Annahmen
machen musste, so dass nicht die gewünschte Genauigkeit erreicht werden konnte.
Jetzt gelang es jedoch erstmals acht Bedeckungsveränderliche in der Großen
Magellanschen Wolke aufzuspüren, bei denen beide Partner kühle rote Riesensterne
waren, so dass eine Entfernungsbestimmung mit einem Fehler von nur zwei Prozent
möglich wurde.
"Die ESO hatte für dieses Projekt die perfekten Instrumente«, freute sich
Grzegorz Pietrzyński von Universidad de Concepción und der
Universitätssternwarte Waschschau. "Mit HARPS können sehr genaue
Radialgeschwindigkeitsmessungen gemacht werden und mit SOFI lässt sich exakt
bestimmen, wie hell die Sterne im Infraroten erscheinen." Letzteres ist für die
Bestimmung der Farbe des Sterns wichtig. SOFI und HARPS befinden sich an
Teleskopen der europäischen Südsternwarte ESO in La Silla.
"Wir arbeiten daran, unser Verfahren noch weiter zu verbessern und hoffen, in
einigen Jahren die Entfernung zur Großen Magellanschen Wolke mit einem Fehler
von nur einem Prozent bestimmen zu können", so Dariusz Graczyk von der
Universidad de Concepción "Das hat weitreichende Folgen nicht nur für die
Kosmologie, sondern auch für viele andere Bereiche der Astrophysik." Die
Astronomen berichten über ihre Resultate in der heute erscheinenden Ausgabe der
Fachzeitschrift Nature.
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