Die Zwerggalaxien von Andromeda
von Stefan Deiters astronews.com
15. Januar 2013
Ein internationales Astronomenteam hat nachweisen können,
dass die Zwerggalaxien um unsere Nachbargalaxie Andromeda diese in einer flachen
Scheibe umrunden, ganz wie die Planeten unseres Sonnensystems die Sonne.
Eigentlich hatte man eine mehr zufällige Verteilung der Zwerggalaxien erwartet.
Jetzt rätseln die Wissenschaftler, wie dies zu den aktuellen Theorien über die
Entstehung von Galaxien passt.

Nach
detaillierten Entfernungs- und
Geschwindigkeitsmessungen stellten Astronomen
fest, dass sich die Satellitengalaxien in einer
flachen Scheibe gemeinsam um die Andromedagalaxie
bewegen. Links unten die Ansicht von der Erde.
Aus einem anderen Blickwinkel wird die
Scheibenstruktur deutlich (oben rechts).
Bild: Keck Observatory / R. Ibata et
al. [Großansicht] |
Man würde erwarten, dass unsere Nachbargalaxie Andromeda, die auch unter dem
Namen Messier 31 (M31) bekannt ist, zu den am besten untersuchten Systemen im
All gehört. Tatsächlich war sie schon persischen Astronomen bekannt (obwohl
diese natürlich noch nicht wussten, dass es sich bei Andromeda um eine Galaxie
handelt), doch wurde die Galaxie und ihre Umgebung erst in den letzten Jahren
detailliert untersucht, etwa im Rahmen des Pan-Andromeda Archaeological
Survey (PAndAS) mit dem Canada-France-Hawaii Telescope und dem
Keck-Teleskop auf Hawaii.
Ein interessanter Teilaspekt der Untersuchung von Andromeda sind die
zahlreichen Satellitengalaxien, die unseren großen Nachbarn im All umkreisen.
Auch zu unserer Milchstraße gehören zahlreiche dieser Mini-Galaxien, deren
Existenz von den aktuellen Theorien über die Entstehung und Entwicklung von
Galaxien vorhergesagt wird.
Mit dem Keck-Teleskop wurden nun die Entfernungen und die
Radialgeschwindigkeiten der Andromeda-Satelliten mit großer Genauigkeit
bestimmt, um so einen Eindruck von ihrer räumlichen Struktur und ihrer Bewegung
zu erhalten. Schon zuvor hatte man erste Hinweise darauf, dass die Zwerggalaxien
in einer Art Scheibe gemeinsam um Andromada kreisen, doch die zu Jahresbeginn im
Wissenschaftsmagazin Nature vorgestellte Studie bestätigt diesen
Verdacht nun mit einer statistischen Sicherheit von 99,998 Prozent.
In der Untersuchung wurden fast 30 Zwerggalaxien betrachtet, die die
Andromedagalaxie in einer Ebene umkreisen - genau wie auch die Planeten unseres
Sonnensystems die Sonne umrunden. Vermutet hatten die Astronomen eigentlich,
dass die Bewegung und Verteilung der Satellitengalaxien mehr der von Bienen
gleicht, die um ihren Bienenstock schwirren.
"Das war komplett unerwartet", mein Geraint Lewis vom Sydney Institute
for Astronomy der University of Sydney. "Die Chance, dass dies ein
Zufall ist, ist praktisch gleich Null." Die Mehrzahl der kleinen
Satellitengalaxien um Andromeda scheint sich tatsächlich in einer rund eine
Millionen Lichtjahre durchmessenden, sehr flachen Scheibe anzuordnen. Die
Existenz dieser Struktur, so die Wissenschaftler, sei ein Hinweis darauf, dass
es in der Theorie über die Entstehung oder die Entwicklung dieser Galaxien noch
einen bedeutenden Fehler gibt.
"Wir wissen, dass manche dieser Galaxien miteinander kollidiert sind, wodurch
einige ihre Sterne herausgerissen wurden und sich lange Ströme und Arme gebildet
haben", so R. Michael Rich, der das Spektroskopie-Team am Keck-Teleskop
leitete. "Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass diese Ereignisse das
erklären können, was wir hier beobachten." Zwerggalaxien sind zwar nicht
besonders massereich, stellen aber den häufigsten Galaxientyp im Universum dar,
weshalb es für die Astronomen so wichtig ist, ihre Entstehung und Entwicklung zu
verstehen.
Seit Jahrzehnten versuchen Astronomen auch mithilfe von Computersimulationen
die Verteilung und Bewegung von Zwerggalaxien um größere Systeme vorherzusagen.
Selbst mit den besten Programmen war aber bislang immer eine zufällige
Verteilung der Satelliten berechnet worden. In keinem Fall hatte man eine
Struktur wie um Andromeda entdeckt.
Manche Astronomen vermuten, dass auch die Zwerggalaxien unserer Milchstraße
in einer solchen Ebene angeordnet sein könnten. Die Forscher fragen sich nun,
was dies alles für ihr Verständnis der Galaxienentstehung bedeutet. "Wir wissen
noch nicht, wo uns dies hinführt", so Rodrigo Ibata vom Observatoire
astronomique de Strasbourg, der Erstautor der Studie. "Das widerspricht
unseren Ideen über die Galaxienentstehung komplett, ist aber auf jeden Fall sehr
aufregend."
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