Suche nach hell leuchtenden Wolken
von Stefan Deiters astronews.com
20. Dezember 2012
Vom heimischen Computer aus können Astronomiefans ab sofort
nach im Infraroten hell leuchtenden Wolken suchen, in denen vermutlich neue
Sterne entstehen. Dazu werden auf einer Webseite Aufnahmen der Infrarotteleskope
Spitzer und Herschel präsentiert. Die Teilnehmer müssen dann
entscheiden, ob dort eine leuchtende Wolke oder ein Loch im All zu sehen ist.
Bei Clouds müssen die Teilnehmer
entscheiden, ob in dem markierten Bereich eine
leuchtende Wolke, ein Loch oder etwas dazwischen
zu sehen ist. Bild:
Zooniverse |
Citizen-Science-Projekte, also "Bürgerwissenschafts"-Projekte,
erfreuen sich einer immer größeren Beliebtheit. Um beispielsweise große
Datenmengen auswerten zu können, bauen Astronomen auf die Hilfe von
Internetnutzern auf der ganzen Welt, die sich beispielsweise an der Analyse von
Bildern beteiligen. Ein prominentes Beispiel ist das Projekt "Galaxy Zoo" zur
Klassifizierung von Galaxien, durch das schon einige interessante Entdeckungen
gemacht wurden (astronews.com berichtete).
Auch das Milky Way Project ("Milchstraßen-Projekt") beteiligt
Internetnutzer an der Erforschung unserer Heimatgalaxie. Bislang war es im
Rahmen dieses Projekts schon möglich, nach Blasen in der Milchstraße zu suchen (astronews.com
berichtete), jetzt soll auch nach im Infraroten leuchtenden Wolken gefahndet
werden, also nach möglichen Geburtsstätten neuer Sterne.
Dazu werden den Teilnehmern Bilder des NASA-Infrarotweltraumteleskops
Spitzer und des ESA-Weltraumteleskops Herschel gezeigt und sie
müssen sich entscheiden, ob sich in einer bestimmten markierten Region eine
Wolke, ein "Loch", also eine leere Region im All, oder irgendetwas dazwischen
befindet. Das neue "Clouds" genannte Projekt ist seit gestern online.
"Wir freuen uns sehr über den Start von Clouds und die Ergebnisse,
die unser riesiges Freiwilligenteam aus Amateurwissenschaftlern liefert", so
Robert Simpson von der University of Oxford, der verantwortliche
Wissenschaftler des Milky Way Project. "Wir glauben, dass wir diese
Datenmengen sehr schnell durchsuchen können. Wir könnten sogar schon im Frühjahr
damit fertig sein und das wäre ein tolles Ergebnis für ein Citizen-Science-Projekt."
Clouds ist, genau wie sein Vorgänger Bubbles, Teil von
Zooniverse. Diese Plattform wurde nach dem äußerst erfolgreichen Start des
Projekts Galaxy Zoo entwickelt und beherbergt inzwischen ganz
unterschiedliche wissenschaftliche Vorhaben, die auf eine große Beteiligung aus
dem Internet angewiesen sind.
Auch bei Clouds werden die gleichen Aufnahmen von vielen
Freiwilligen bewertet, um durch die "Schwarmintelligenz" eine möglichst exakte
Erkennung zu gewährleisten. Besonders hilfreich sind diese Verfahren immer dann,
wenn bei bestimmten Aufgaben das menschliche Auge verbunden mit menschlicher
Intuition deutlich bessere Ergebnisse liefert als die automatische Auswertung
durch ein Computerprogramm.
Mit Clouds wollen die Astronomen dunkle und kalte Kerne aus Gas und
Staub aufspüren. Es handelt sich dabei um Wolken, die unter ihrer eigenen
Schwerkraft kollabieren und in deren Zentrum sich vermutlich neue Sterne bilden.
Allerdings ähneln diese dunklen Wolken auf den ersten Blick auch leeren Regionen
im Weltraum, so dass eine Auswertung mit dem Computer oft zu falschen
Ergebnissen führt. "Es wurde auch mit automatischen Routinen versucht, zu
entscheiden, bei welchen Objekten es sich um dunkle Wolken handelt und bei
welchen um Löcher", so Simpson. "Aber die Aufgabe ist oft recht schwierig und es
braucht ein menschliches Auge, um dies zu entscheiden."
Auf Aufnahmen des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer hatten
Astrononen unzählige Regionen entdeckt, die sie für dunkle Infrarotwolken
(Infrared Dark Clouds, IRDC) hielten, also für Bereiche, in deren Inneren gerade
junge, massereiche Sterne entstanden sind. Als diese potentiellen IRDCs dann
aber mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Herschel beobachtet wurden,
stellte man fest, dass es sich bei vielen der vermuteten IRDCs in Wirklichkeit
um "Löcher" handelte, also Bereiche, in denen es gar keine Materie gab.
Herschel beobachtet in längeren Infrarot-Wellenlängen als
Spitzer und kann daher auch noch deutlich kälteres Material sichtbar
machen. Bei Clouds sehen die Teilnehmer nun Bilder, in denen Spitzer-
und Herschel-Daten kombiniert wurden. Spitzer-Daten erscheinen
dabei blau und Herschel-Daten gelb. Sieht man auf diesen Bildern nun
eine hell leuchtende Wolke, handelt es sich tatsächlich um eine IRDC. Sieht man
hingegen nichts, dürfte es sich um ein Loch handeln.
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