Rätselhafte Erosionsrinnen auf Vesta
von Stefan Deiters astronews.com
10. Dezember 2012
Über ein Jahr lang hat die Sonde Dawn Vesta
umkreist. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Aufnahmen der Oberfläche des
Asteroiden, die Astronomen bislang erst vorläufig auswerten konnten. Doch schon
jetzt werfen einige Strukturen neue Fragen auf: Wie entstanden beispielsweise
bestimmte Erosionsrinnen an den Wänden von relativ jungen Kratern?
Ein Blick auf
geschlängelte Erosionsrinnen im Krater Cornelia
auf dem Asteroiden Vesta.
Bild: NASA/JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR
/ IDA
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Bei einer ersten Durchsicht der Bilder, die die Sonde Dawn in den
vergangenen Monaten von der Oberfläche des Asteroiden Vesta gemacht hat, sind
Astronomen auf Erosionsrinnen an den Wänden von geologisch noch jungen Kratern
gestoßen. Auf den Aufnahmen der Framing Camera von Dawn
entdeckte das Team um Jennifer Scully von der University of California
in Los Angeles gleich zwei verschiedene Arten dieser Rinnen - eine recht
gradlinige Variante und eine mehr geschlängelte Version, die in fächerförmigen
Ablagerungen ausläuft. Besonders über die Entstehung der geschlängelten
Erosionsrinnen rätseln die Forscher.
"Die geraden Erosionsrinnen, die wir auf Vesta sehen, sind ein klassisches
Beispiel für den Fluss von trockenem Material wie etwa Sand", erläutert Scully,
die den Fund in der vergangenen Woche auf einer Tagung der American
Geophysical Union in San Francisco präsentierte. "Wir haben so etwas auf
dem Erdmond gesehen und auch auf Vesta erwartet. Die geschlängelten Rinnen haben
uns hingegen überrascht. Die hatten wir nicht erwartet und können sie noch nicht
erklären."
Die geschlängelten Rinnen sind länger und schmaler als die weniger rätselhafte
Variante auf Vesta. Sie gehen in der Regel von V-förmigen Abbruchregionen aus
und vereinigen sich mit anderen Rinnen. Die Wissenschaftler vermuten, dass die
beiden verschiedenen Typen von Erosionsrinnen durch unterschiedliche Prozesse
entstehen und versuchen nun durch Vergleich mit ähnlichen Oberflächenstrukturen
auf Erde, Mars und anderen Objekten des Sonnensystems hinter ihr Geheimnis zu
kommen.
Das ist allerdings nicht ganz einfach: "Auf der Erde entstehen ähnliche
Strukturen, zum Beispiel im Barringer-Krater in Arizona, durch fließendes
Wasser", erläutert Christopher Russell, der verantwortliche Wissenschaftler für
Dawn von der University of California in Los Angeles. "Auf dem
Mars wird ihr Ursprung noch diskutiert. Wir müssen diese Erosionsrinnen sehr
gründlich analysieren, bevor wir ihnen einen bestimmten Ursprung zuordnen
können."
Ähnliche Erosionsrinnen auf dem Mars waren erstmals im Jahr 2000 von der Sonde
Mars Global Surveyor entdeckt worden. Für ihre Entstehung wurden in den
letzten Jahren verschiedene Prozesse diskutiert, die beispielsweise mit Wasser
oder mit Kohlendioxid zu tun haben. So könnte beispielsweise Kohlendioxid-Frost
für einen regelrechten Fluss von Sand auf dem roten Planeten sorgen.
Die Mission der Asteroidensonde Dawn hatte am 27. September 2007
begonnen. Am 16. Juli des vergangenen Jahres war die Sonde dann in einen Orbit
um den Asteroiden Vesta eingeschwenkt und hatte diesen kartiert und gründlich
untersucht (astronews.com berichtete wiederholt). Im
September hatte Dawn Vesta wieder verlassen und befindet sich jetzt auf
dem Weg zum Zwergplaneten Ceres, den die Sonde 2015 erreichen wird.
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