Überraschendes aus dem Orionnebel
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
14. November 2012
Der Orionnebel im prominenten Wintersternbild Orion ist ein
aktives und vergleichsweise nahes Sternentstehungsgebiet und dürfte mit zu den
am besten untersuchten Objekten dieser Art gehören. Eine neue Studie zeigt nun
aber, dass insbesondere der Sternhaufen im Zentrum des Nebels nicht ganz das
ist, was man bislang angenommen hatte.
Der Orionnebel ist in klaren Winternächten bereits mit freiem Auge erkennbar.
Schon vor rund 400 Jahren beschrieb ihn der französische Astronom
Nicolas-Claude Fabri de Peiresc als "Nebel". Der Orionnebel ist also bereits
seit der frühen teleskopischen Erforschung des Himmels bekannt - doch erst in
den letzten 60 Jahren wurde die astrophysikalische Bedeutung dieses
Himmelsobjekts deutlich.
Der Orionnebel ist nämlich eine sehr produktive Geburtsstätte von Sternen in
unserer Milchstraße. Im Bereich dieses Gasnebels fand man eine Vielfalt an
werdenden Sternen und sternähnlichen Objekten - von massereichen Exemplaren, die
mehrere Dutzend Sonnenmassen in sich vereinen, bis hin zu Objekten, die als
"Braune Zwerge" bezeichnet werden und die zu wenig Masse haben, um durch
Fusionsprozesse dauerhaft zu leuchten.
Das Besondere am Orionnebel ist, dass er unter allen bekannten
Sternentstehungsgebieten der Erde am nächsten liegt und sich in ihm damit die
Geburt von Sternen ausgezeichnet untersuchen lässt. Der Nebel wurde so zum
"goldenen Standard" für Studien über Sternentstehung. In seinem Zentrum befindet
sich ein massereicher Sternhaufen aus jungen Sternen, deren prominenteste
Vertreter vier helle junge Sonnen sind, die als Trapezsterne bezeichnet
werden.
Die Auswertung von Daten aus Beobachtungen mit dem Canada-French-Hawaii Telescope (CFHT), dem 1,23-Meter-Teleskop auf dem Calar Alto und dem
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer führte nun allerdings zu einer - für ein so
gründlich untersuchtes Objekt - überraschenden Erkenntnis: "Es gibt noch einen
zweiten massereichen Haufen aus etwas älteren Sternen, der von uns aus gesehen
'vor' dem Orionnebel steht", berichtet João Alves, Professor für Stellare
Astrophysik der Universität Wien. Zwar war dieser zweite Haufen schon seit den
1960er-Jahren bekannt, aber die CHFT-Beobachtungen hätten erst jetzt gezeigt, wie viel
Masse in ihm steckt. Diese Masse ist zudem nicht gleichförmig verteilt, sondern
um den Stern Iota Orionis konzentriert, der die südliche Spitze des "Schwerts
des Orion" bildet.
Dieser Befund ist aus zwei Gründen bedeutend: Er zeigt auf, dass es sich bei
dem identifizierten Sternhaufen um einen nur geringfügig älteren "Bruder" des
"Trapez-Haufens" im Zentrum des Orionnebels handelt. Außerdem verdeutlicht
er, dass der "Orionnebel-Haufen" in Wirklichkeit eine komplizierte Mischung aus
zwei Sternhaufen sowie einigen nicht dazugehörenden Milchstraßen-Sternen ist.
"Für mich ist das größte Rätsel, warum der etwas ältere Sternhaufen, der Iota-Orionis-Haufen,
so nahe an dem jüngeren Haufen liegt, der sich im Inneren des Orionnebels noch
bildet", so Alves. Es sei noch völlig offen, wie diese neuen Beobachtungsbefunde
mit gängigen Modellen der Sternhaufen-Entstehung zu vereinbaren sind. "Wir
scheinen etwas Fundamentales noch nicht verstanden zu haben. Die Bildung von
Sternhaufen ist wahrscheinlich der dominante Weg zur Sternentstehung im
Universum, aber wir sind weit entfernt davon, genau zu wissen, warum."
"Wir müssen unsere Vorstellungen von den Beobachtungsgrößen revidieren,
die wir bisher für die zuverlässigsten Indikatoren der Stern- und
Sternhaufen-Entstehung hielten," verdeutlicht Co-Autor Hervé Bouy vom Centro
de Astrobiologia in Madrid die Bedeutung der Untersuchung. Es seien nun
weitere Beobachtungen nötig, um die beiden vermischten Sternpopulationen - Stern
für Stern - auseinanderhalten zu können. "Denn nur dadurch können wir die Stern-
und auch die Planetenentstehung in der Region des Orionnebels verstehen."
Alves und Bouy berichten über ihre Untersuchung in der aktuellen Ausgabe der
Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics.
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