Stellares Duo sorgt für faszinierende Form
von Stefan Deiters astronews.com
9. November 2012
Durch neue Beobachtungen mit dem Very Large Telescope
der europäischen Südsternwarte ESO sind Astronomen jetzt hinter das Geheimnis
eines der faszinierendsten Planetarischen Nebel gekommen. Im Zentrum von Fleming
1 entdeckten sie zwei Weiße Zwergsterne, die sich auf einer engen Umlaufbahn
umkreisen und für das Erscheinungsbild des Nebels verantwortlich sind.
Planetarische Nebel gehören wohl mit zu den faszinierendsten Objekten am
nächtlichen Himmel. Die Nebel haben nichts mit Planeten zu tun, sondern sind die
Endphasen von Sternen, die in etwa dieselbe Masse haben wie unsere Sonne. Auch
diese wird am Ende ihres nuklearen Lebens ihre äußeren Hüllen ins All abstoßen
und dieses Gas dann für einige Zeit durch die intensive Strahlung des
zurückbleibenden heißen Weißen Zwergs im Zentrum zum Leuchten anregen.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für einen Planetarischen Nebel ist
Fleming 1, der besonders durch seine Symmetrie auffällt. Verblüffend sind vor
allem seine zwei gekrümmten Jets, also eng gebündelte Ströme aus Gas, die vom
Zentrum des Nebels ausgehen (siehe die vergrößerte Gesamtansicht des Bildes).
Fleming 1 ist rund 10.000 Lichtjahre entfernt, liegt im Sternbild Zentaur und
wurde vor rund 100 Jahren von Williamina Fleming entdeckt. Diese hatte ihre
Karriere als Dienstmädchen des Direktors des Harvard College Observatory
begonnen und wurde schließlich zur Durchführung von komplexen astronomischen
Berechnungen am Observatorium angestellt. In ihrer Zeit dort entdeckte sie
zahlreiche astronomische Objekte.
Die faszinierenden Jets von Fleming 1 beschäftigen Astronomen schon seit
vielen Jahren und bislang konnte man sich ihre Symmetrie nicht so recht
erklären. Jetzt aber ist eine Gruppe um Henri Boffin von der europäischen
Südsternwarte (ESO) dem Geheimnis des Planetarischen Nebels auf die Spur
gekommen - durch die Kombination neuer Beobachtungen mit dem Very Large
Telescope der ESO mit bereits vorhandenen Computermodellen.
Die Astronomen visierten mit dem Teleskop die Zentralregion des Nebels und
den dort vermuteten Stern an. Dabei entdeckten sie, dass sich im Zentrum von
Fleming 1 nicht nur ein Weißer Zwerg, sondern zwei Weiße Zwerge befinden, die
sich gegenseitig alle 1,2 Tage umkreisen. Doppelsterne hatte man zwar bereits in
anderen Planetarischen Nebeln entdeckt, doch sind Paare aus zwei Weißen Zwerge
hier äußerst selten.
"Der Ursache für das so schöne und komplexe Aussehen von Fleming 1 und
anderer ähnlicher Objekte wurde seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert", so
Boffin. "Astronomen haben Doppelsterne schon zuvor vorgeschlagen, aber man
dachte immer an weit voneinander entfernte Sterne mit einer Umlaufdauer von
mehreren Jahrzehnten oder länger. Mit unseren Modellen und Beobachtungen, durch
die wir dieses ungewöhnliche System sehr genau untersuchen und direkt ins Herz
des Nebels blicken konnten, sind wir auf ein Paar gestoßen, das viele tausend
Mal enger ist."
Sterne sind kugelförmig. Da sich Planetarische Nebel aus den abgestoßenen
äußeren Hüllen von Sternen bilden, ist es zunächst schwierig zu verstehen, warum
diese Objekte von einer Kugelform abweichen und komplexe Strukturen aufweisen.
Die Strukturen einiger der spektakulärsten Planetarischen Nebel sind
punktsymmetrisch, was im Fall von Fleming 1 dazu führt, dass die beiden
gebogenen Jets zusammen eine S-Form ergeben. Die jetzt vorgestellte Untersuchung
zeigt, dass diese Strukturen durch die Wechselwirkung des engen Sternenpaars im
Zentrum des Nebels entstehen.
"Dies ist der am besten untersuchte Fall eines Doppelsterns im Zentrum, für
die Simulationen korrekt vorhergesagt haben, wie das Paar den umgebenden Nebel
formt - und dies auf eine wirklich eindrucksvolle Weise", so Teammitglied Brent
Miszalski vom Southern African Large Telescope (SALT) und dem South
African Astronomical Observatory (SAAO) in Südafrika.
Ohne das Weiße-Zwerg-Paar im Zentrum ließen sich die beobachteten Strukturen
nicht erklären: Zum Ende ihres nuklearen Lebens expandierten die beiden
ursprünglich sonnenähnlichen Sterne. Dadurch wurde einer der beiden Sterne
zeitweise zu einem "stellaren Vampir" und saugte Materie des anderen Sterns auf.
Dieses Material sammelte sich zunächst in einer sogenannten Akkretionsscheibe
rund um den Stern an. Bei ihrem gegenseitigen Umlauf kam es zu Wechselwirkungen
von beiden Sternen mit der Scheibe, die sich dadurch wie eine wackelnder Kreisel
verhielt.
Diese sogenannte Präzessionsbewegung beeinflusste auch die Materie, die -
senkrecht zur Scheibe - von den Polen nach außen abgestoßen wurde, wie etwa die
beiden Jets. In ihrer Untersuchung konnten die Astronomen nachweisen, dass
präzidierende Akkretionsscheiben in Doppelsternsystemen für symmetrische Muster
um planetarische Nebel wie Fleming 1 sorgen.
Die VLT-Beobachtungen machten auch einen knotigen Ring aus Materie im
innersten Bereich des Nebels sichtbar. Solche Ringe kennt man auch um andere
Arten von Doppelsternsystemen und sie könnten somit ein Hinweis auf das
Vorhandensein eines Sternenpaars sein. "Unsere Ergebnisse haben einmal mehr
bestätigt, dass die Wechselwirkung zweier Sterne für die Form und vielleicht
sogar für die Bildung planetarischer Nebel von großer Bedeutung ist", so Boffin.
Die Forscher berichten über ihre Arbeit in einem heute im Wissenschaftsmagazin
Science erschienenen Artikel.
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