Kosmischer Nebel aus dem Licht alter Sterne
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Innsbruck astronews.com
2. November 2012
Das Licht längst erloschener Sterne breitet sich noch immer
im Universum aus und sorgt so für die extragalaktische Hintergrundstrahlung. Auf
Gammastrahlen wirkt dieses Licht wie eine Art kosmischer Nebel. Jetzt ist es
erstmals gelungen, Spuren dieses Nebels in Beobachtungen des Weltraumteleskops
Fermi nachzuweisen. Die Forscher hoffen dadurch, die Entstehung von
Sternen und Galaxien besser zu verstehen.
Eine Karte des Gammastrahlen-Himmels basierend
auf Fermi-Daten. Die grünen Punkte zeigen die
Positionen der aktiven Galaxienkerne, die für die
Studie verwendet wurden. Bei der großen
orangefarbenen Struktur handelt es sich um die
Scheibe der Milchstraße.
Bild: NASA / DOE / Fermi LAT
Collaboration
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Die extragalaktische Hintergrundstrahlung im infraroten bis ultravioletten
Wellenlängenbereich besteht aus Photonen, die sich über die Geschichte des
Universums hinweg angesammelt haben. Dabei handelt es sich oft um Photonen von
Sternen, die schon längst erloschen sind. "Diese Strahlung stellt einen
sichtbaren Fingerabdruck der sich entwickelnden kosmischen Struktur dar und
liefert entscheidende Informationen für ihr Verständnis", erläutert Dr. Anita
Reimer vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck. "Der
ultraviolette Anteil der Hintergrundstrahlung ist besonders wichtig für die
bisher nicht gänzlich verstandene kosmische Reionisierungsepoche, die kurz nach
Ende des sogenannten 'Dunklen Zeitalters' anbrach."
Die direkte Messung dieser Hintergrundstrahlung wird aber durch das Licht in
unserem eigenen Sonnensystem und der Milchstraße erschwert. Ein internationales
Forscherteam hat darum mit einer indirekten Methode versucht, der
Hintergrundstrahlung auf die Spur zu kommen. Gammastrahlung, die sich von weit
entfernten Lichtquellen durch dieses Strahlungsfeld bewegt, kann nämlich von
diesem teilweise absorbiert und damit geschwächt werden. Das Licht der alten
Sterne wirkt also auf die Gammastrahlung wie eine Art "kosmischer Nebel". Dieser
verursacht im Spektrum der auf der Erde gemessenen Gammastrahlung eine
Verformung, deren Stärke von der Distanz zur Gammastrahlen-Quelle und der Dichte
der extragalaktische Hintergrundstrahlung abhängt.
"Entfernte helle Gammastrahlen-Quellen wie beispielsweise aktive
Galaxienkerne oder helle Gammastrahlen-Ausbrüche sind deshalb geeignete Sonden
für dieses diffuse Strahlungsfeld", beschreibt Prof. Olaf Reimer vom Innsbrucker
Institut für Astro- und Teilchenphysik. "Beobachtet man nur einzelne dieser
Quellen, so muss man für die Methode aber das von den Quellen ausgesendete
Gammaspektrum genau kennen. Diese sind derzeit aber immer noch umstritten",
ergänzt Anita Reimer. Aus diesem Grund konnten bisher mit diesem Ansatz auch nur
obere Grenzwerte für die extragalaktische Hintergrundstrahlung bestimmt werden.
Für die jetzt online in einem Fachartikel in der Wissenschaftszeitschrift
Science vorgestellte Untersuchung nutzte das internationale Forscherteam
Daten aus den ersten knapp vier Beobachtungsjahren des Large Area Telescope
(LAT) an Bord des Gammastrahlen-Weltraumteleskops Fermi. Dieses nimmt
permanent Daten von Tausenden entfernter Gammastrahlen-Quellen auf, zumeist
handelt es sich dabei um aktive Galaxienkerne. "Im Gammalicht dieser Objekte
fanden wir eindeutige Abdrücke der extragalaktischen Hintergrundstrahlung",
berichtet Anita Reimer.
Die Auswertung der Daten gestaltete sich allerdings schwierig, denn das
Gammalicht könnte schon vor Antritt des langen Weges durch das Universum in der
Lichtquelle beeinflusst worden sein. "Hier halfen uns die Eigenschaften unserer
Instrumente und Quellen, aber auch eine kluge Auswahl dieser
Gammastrahlen-Quellen", berichtet Anita Reimer.
Zum einen konnten die Forscher zeigen, dass das mit dem LAT-Instrument
gemessene Gammaspektrum weniger weit entfernter aktiver Galaxienkerne nicht
durch Absorption in der Hintergrundstrahlung verändert wird. Ferner ist der
Bereich niedrigerer Gamma-Energien für alle Quellen frei von Absorption und gibt
somit das eigentliche Spektrum der Quellen wieder.
Schließlich mussten noch die Entfernungen zu vielen dieser Objekte vermessen
werden - eine für diese Klasse von Objekten äußerst schwierige Aufgabe. Hier
half den Wissenschaftlern aber GROND, ein Instrument, das eigentlich für die
Entfernungsbestimmung von Gammastrahlen-Ausbrüchen gebaut wurde. "Die dafür
entwickelte Entfernungsbestimmungsmethode konnte auf die hier benutzten Objekte
angewendet werden, und so im Verlauf der vergangenen eineinhalb Jahre die
Entfernungen von fast 100 der hier benutzten aktiven Galaxienkerne gemessen
werden", erläutert Jochen Greiner vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische
Physik in Garching, der Erbauer von GROND.
"Wir untersuchten die kumulativen Spektren von etwa 150 Objekten in drei
unterschiedlich weit entfernten Regionen des Kosmos und fanden eine spektrale
Verformung bei hohen Energien wie man sie von Modellen erwartet, die eine
minimale Dichte der Hintergrundstrahlung nahe des Limits der Galaxienanzahl
vorhersagen. Jede größere Dichte würde eine Verformung in den kumulativen
Spektren verursachen, welche inkonsistent mit der Messung wäre", erklärt die
Theoretikerin Anita Reimer.
Dieses Resultat bestätigte sich auch durch eine Analyse von Spektren einer
Untergruppe der Gammastrahlen-Quellen, die dafür bekannt ist, nur schwache
Strahlungsfelder innerhalb der Quelle zu besitzen und damit eine
vernachlässigbare intrinsische Absorption. "So ist es auf statistischem Weg
gelungen, die gemessenen Veränderungen in den Gamma-Spektren entfernter aktiver
Galaxienkerne eindeutig Absorptionseffekten der Gammastrahlung auf ihrem Weg
durch die Hintergrundstrahlung zuzuweisen", erklärt Experimentalphysiker Olaf
Reimer.
Die so gemessene kleinstmögliche Dichte der extragalaktischen
Hintergrundstrahlung liefert Hinweise zur Sternentstehungsrate, insbesondere
limitiert sie die maximale Bildungsrate der vermuteten ersten Sternpopulation im
Kosmos, die nicht später als etwa 500 Millionen Jahre nach dem Urknall
entstanden ist. Das Auftreten dieser ersten Sterne im Universum markiert das
Ende des sogenannten 'Dunklen Zeitalters', als das intergalaktische Gas durch
das UV-Licht der ersten Sterne ionisiert wurde.
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