Schwarzes Loch macht Riesenblase
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
29. Oktober 2012
Astronomen ist es mit Hilfe des internationalen
Radioteleskop-Verbunds LOw Frequency ARray (LOFAR) gelungen, eine im
sichtbaren Bereich des Lichts unsichtbare Plasmablase zu beobachten, die vom
supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie Messier 87 erzeugt
wurde. So entstand eines der besten Bilder, die bislang von Blasen dieser Art
gemacht wurden.

Diese Falschfarbenaufnahme zeigt die Galaxie
M87. Optisches Licht ist in weiß/blau dargestellt
(Sloan Digital Sky Survey, unten), die
Radiostrahlung in gelb/orange (LOFAR, oben
zusammen mit den optischen Daten). Im Zentrum
weißt die Radiostrahlung eine hohe
Oberflächenhelligkeit auf und zeigt somit, wo
sich der Plasmastrahl befindet, der vom
supermassereichen Schwarzen Loch angetrieben
wird.
Bild: Francesco de Gasperin für die LOFAR
Collaboration |
Ganz wie in einer Symbiose, stehen das Leben einer Galaxie und die
Entwicklung ihres supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum in enger
Beziehung. Die Details geben den Astronomen aber immer noch viele Rätsel auf.
Einige Schwarze Löcher verschlucken in relativ großem Umfang Materie. Dabei
verschwindet allerdings nicht die gesamte Materie auf Nimmerwiedersehen in dem
Schwarzen Loch - ein Bruchteil der Teilchen entkommt diesem Schicksal und wird
ins All ausgestoßen.
Diese Materie bildet einen heißen Plasmastrahl und verlässt die Heimatgalaxie
des Schwarzen Lochs mit nahezu Lichtgeschwindigkeit. Das Plasma wird allmählich
abgebremst und erzeugt dabei eine große und extrem dünne Blase, die neben der
gesamten Galaxie auch ihre Umgebung umfasst. Für optische Teleskope ist diese
Plasmablase unsichtbar, bei niedrigen Radiofrequenzen ist sie allerdings sehr
markant, wie jüngste Beobachtungen mit dem Radioteleskop-Verbund LOw
Frequency ARray (LOFAR) -gezeigt haben.
Ein internationales Team von Astronomen unter Leitung des
Max-Planck-Instituts für Astrophysik hat mit LOFAR im Frequenzbereich von 20 bis
160 MHz eines der bisher besten Bilder einer derartigen riesigen Blasen
aufgenommen. "Unsere Entdeckung ist von großer Bedeutung", sagt Francesco de
Gasperin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik, der Erstautor der Studie, die
in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wird.
"Es liefert überzeugende Belege für die starke Wechselwirkung zwischen dem
supermassereichen Schwarzen Loch, der Galaxie und ihrer Umgebung."
Das Bild wurde während der Testphase von LOFAR aufgenommen und zeigt die
riesige elliptische Galaxie, Messier 87 (M87), in der Mitte eines
Galaxienhaufens im Sternbild Jungfrau. Diese Galaxie ist 2000-mal massereicher
als unsere Milchstraße und beherbergt in ihrem Innern eines der massereichsten
Schwarzen Löcher, die bisher entdeckt wurden. Dieses besitzt sechs Milliarden
Mal mehr Masse als unsere Sonne und ist weit davon entfernt, ein ruhiges Leben
zu führen. Alle paar Minuten verschlingt dieses Schwarze Loch eine Materiemenge
äquivalent zur Größe der Erde, wobei ein Teil davon in Strahlung und ein
größerer Teil in Jets mit ultra-schnellen Teilchen umgewandelt wird, die für die
beobachtete Radiostrahlung verantwortlich sind.
"Dies ist das erste Mal, dass qualitativ derart hochwertige Bilder bei solch
niedrigen Frequenzen möglich sind", sagt Prof. Heino Falcke von der Radboud
University in Nijmegen und dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie in
Bonn, Vorsitzender des Vorstandes des International LOFAR Telescope
(ILT) und Co-Autor der Studie. "Diese Region ist eine der schwierigsten am
Himmel für ein Radioteleskop - wir hatten nicht erwartet, schon so früh nach
der Inbetriebnahme von LOFAR so hochwertige Ergebnisse zu bekommen."
Um das Alter der Blase zu bestimmen, nutzten die Autoren auch
Radiobeobachtungen bei anderen Frequenzen vom Very Large Array in New
Mexico und dem 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg bei Bonn. Das Team stellte so
fest, dass die durch Plasmastrahlen entstandenen Blasen überraschend jung sind;
ihr Alter von nur etwa 40 Millionen Jahren ist auf kosmischen Zeitskalen nur ein
Augenblick. Die Beobachtungen bei kleinen Frequenzen zeigen keine Emissionen
außerhalb der recht scharf abgegrenzten Blase, dies bedeutet, dass die Blase
kein Relikt von Aktivitäten aus ferner Vorzeit ist sondern ständig mit frischen
Teilchen gefüllt wird, die vom Schwarzen Loch ausgestoßen werden.
"Besonders faszinierend dabei ist, dass diese Ergebnisse uns viel über die
gewaltigen Prozesse zur Materie-Energie-Umwandlung verraten, die sehr nahe an
einem Schwarzen Loch stattfinden", sagt Andrea Merloni vom Max-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik in Garching, der de Gasperin bei seiner Promotion
betreut. "In diesem speziellen Fall scheint das Schwarze Loch sehr viel
effizienter dabei zu sein, den Plasmastrahl zu beschleunigen als sichtbare
Strahlung zu erzeugen." Francesco de Gasperin führte die Studie im Rahmen seiner
Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Astrophysik und dem Exzellenzcluster
Universe durch.
LOFAR, geplant und gebaut von ASTRON in den Niederlanden, ist ein ganz neues
Instrument, das Radiostrahlung mit Wellenlängen bis zu 30 Metern nachweisen
kann. Diese langwellige Strahlung entsteht durch viele menschliche Aktivitäten
wie Radiosendungen, Radarsignale oder Satellitenkommunikation, erreicht uns aber
auch aus dem Weltraum, wo sie von exotischen Objekten wie akkretierenden
Schwarzen Löchern, rotierenden Neutronensternen und Supernovae emittiert wird.
Um diese Wellen nachzuweisen, verwendet LOFAR tausende Antennen, die in ganz
Europa verteilt sind und deren Signale in einem Supercomputer in den
Niederlanden zusammengeführt werden.
Pro Sekunde entstehen dabei 100 Gigabit an Daten der verschiedenen Antennen,
die gleichzeitig analysiert werden und in Echtzeit die detailliertesten Bilder
liefern, die jemals in diesem Frequenzbereich gemacht wurden. Der Betrieb des
Internationalen LOFAR-Teleskops werden von ASTRON, dem Niederländischen Institut
für Radioastronomie, koordiniert im Namen eines Konsortiums, das aus den
Niederlanden, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Schweden besteht.
Viele der für LOFAR entwickelten technischen Lösungen, insbesondere die
Kalibrierung der Stationen sowie der großskalige Datentransport inklusive der
anschließenden Verarbeitung, werden für künftige Radioteleskop-Projekte wie dem
Square Kilometer Array (SKA) von großer Bedeutung sein.
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