Extrem kurze Umpolung des Erdmagnetfelds
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ Potsdam astronews.com
17. Oktober 2012
Magnetische Untersuchungen an Sedimentbohrkernen aus dem
Schwarzen Meer belegen, dass vor 41.000 Jahren, also während der letzten
Eiszeit, ein Kompass am Schwarzen Meer nach Süden statt nach Norden gezeigt
hätte. Allerdings währte diese Phase nur kurze Zeit. Während der
Magnetfeldumpolungen war die Erde der kosmischen Strahlung deutlich stärker
ausgesetzt.

Ein aufgetrenntes Bohrkernsegment einer
Probe aus dem Schwarzen Meer.
Foto:
Dr.
habil.
Norbert R.
Nowaczyk / GFZ |
Vor 41.000 Jahren kam es zu einer vollständigen und schnellen
Umpolung des Erdmagnetfeldes. Magnetische Untersuchungen des Deutschen
GeoForschungsZentrums GFZ an Sedimentbohrkernen aus dem Schwarzen Meer belegen,
dass in diesem Zeitraum, während der letzten Eiszeit, ein Kompass am Schwarzen
Meer nach Süden statt nach Norden gezeigt hätte. Zudem konnte das
Wissenschaftlerteam um GFZ-Forscher Dr. Norbert Nowaczyk und Prof. Helge Arz mit
weiteren Daten anderer Studien aus dem Nordatlantik, dem Südostpazifik sowie
Hawaii nachweisen, dass diese Umpolung ein globales Ereignis war. Die Forscher
berichteten über ihre Resultate in der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift
Earth and Planetary Science Letters.
Erstaunlich ist die Geschwindigkeit der Umpolung: "Die der heutigen
Orientierung der Feldlinien entgegengesetzte Magnetfeldgeometrie bestand für
lediglich etwa 440 Jahre und war zudem mit einer Feldstärke verbunden, die nur
etwa einem Viertel der heutigen Stärke entspricht", erklärt Nowaczyk. "Auch die
eigentlichen Umpolungsphasen selbst dauerten jeweils nur etwa 250 Jahre. Das
ist, in geologischen Zeitskalen gedacht, enorm schnell."
Während dieser Umpolungsphasen war die Feldstärke noch deutlich geringer, die
Intensität des Erdmagnetfeldes lag bei lediglich einem Zwanzigstel des heutigen
Werts. Das bedeutet, dass die Erde weitgehend ihren Strahlenschutzschild
verloren hatte, was zu einer deutlich erhöhten Belastung durch kosmische
Strahlung führte. Der Beleg sind Spitzenwerte von radioaktivem Beryllium, die in
grönländischen Eisbohrkernen aus dieser Zeit dokumentiert sind. Radioaktives
Beryllium und auch radioaktiver Kohlenstoff entsteht durch die Kollision von
energiereichen Protonen aus dem Weltall mit Atomen der Erdatmosphäre.
Die nun mittels der Magnetisierung von Sedimenten des Schwarzen Meeres
nachgewiesene Magnetfeldumpolung ist bereits seit 45 Jahren bekannt. Sie wurde
zuerst anhand der von der heutigen Richtung des Erdmagnetfeldes deutlich
abweichenden Magnetisierung mehrerer Lavaströme in der Nähe des Ortes Laschamp
bei Clermont-Ferrand im französischen Zentralmassiv entdeckt. Seitdem wird
dieses Umpolungsereignis auch als "Laschamp-Event" bezeichnet. Doch stellen die
Daten aus dem Zentralmassiv lediglich einige wenige Momentaufnahmen des
Erdmagnetfeldes der letzten Eiszeit dar, während die neuen Daten aus dem
Schwarzen Meer das komplette Geschehen in hoher zeitlicher Auflösung
widerspiegeln.
Neben den Hinweisen auf eine Erdmagnetfeldumpolung vor 41.000 Jahren
entdeckten die Potsdamer Geoforscher in den untersuchten Bohrkernen aus dem
Schwarzen Meer auch zahlreiche plötzliche Klimaänderungen während der letzten
Eiszeit, wie sie bereits von den Grönländischen Eisbohrkernen her bekannt sind.
Dies ermöglichte letztendlich erst die präzise Synchronisation der Datensätze
aus dem Schwarzen Meer und dem Grönländischen Festlandeis.
So ist auch die größte vulkanische Eruption der letzten hunderttausend Jahre
auf der Nordhalbkugel, nämlich der Ausbruch des Supervulkans im Bereich der
heutigen Phlegräischen Felder bei Neapel in Italien vor 39.400 Jahren, in den
untersuchten Sedimenten dokumentiert. Die Asche dieses Ausbruchs, bei dem etwa
350 Kubik-Kilometer Gestein und Lava ausgeworfen wurden, verteilte sich im
gesamten östlichen Mittelmeerraum und bis nach Zentralrussland.
Diese drei Extrem-Szenarien, eine kurze und schnelle Magnetfeldumpolung,
kurzfristige Klimaschwankungen der letzten Eiszeit und der Vulkanausbruch in
Italien, konnten damit zum ersten Mal anhand eines einzigen geologischen Archivs
untersucht und in einen eindeutigen zeitlichen Zusammenhang gebracht werden.
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