Das seltene Flackern eines Schwarzen Lochs
von Stefan Deiters astronews.com
9. Oktober 2012
Der NASA-Satellit Swift hat unlängst einen Ausbruch
hochenergetischer Röntgenstrahlung in der Nähe des Zentrums unserer Galaxie
beobachtet. Hinter dieser seltenen Röntgen-Nova dürfte sich, so die Vermutung
der Astronomen, ein bislang unbekanntes stellares Schwarzes Loch verbergen.
So könnte das System aussehen, in dem es zur
beobachteten Röntgen-Nova gekommen ist.
Bild:
NASA / GSFC |
"Helle Röntgen-Novae sind so selten, dass es sich dabei praktisch um
Ereignisse handelt, die man nur einmal während einer Mission erwischt", so Neil
Gehrels, der verantwortliche Wissenschaftler für Swift am Goddard
Space Flight Center der NASA. "Das ist die erste, die Swift
beobachtet hat und es war etwas, auf das wir gewartet haben."
Als Röntgen-Nova bezeichnen Astronomen kurzzeitig aufleuchtende
Röntgenquellen. Sie erreichen ihre maximale Leuchtkraft innerhalb weniger Tage
und werden dann im Verlauf der folgenden Monate allmählich wieder schwächer. Sie
entstehen vermutlich, wenn sich größere Mengen von Gas einem Schwarzen Loch oder
einem Neutronenstern nähern.
Der Satellit Swift soll in erster Linie energiereiche
Gammastrahlenausbrüche, sogenannte Gamma-ray Bursts, aufspüren. Aber
auch die plötzlich aufleuchtende Röntgenquelle wurde am 16. und 17. September
von einem Teleskop des Satelliten registriert. Die Nova, die nach dem Satelliten
und ihrer Position am Himmel die Bezeichnung Swift J1745-46 trägt, liegt nur
wenige Grad vom Zentrum der Milchstraße entfernt im Sternbild Schütze. Ihre
Entfernung schätzen die Astronomen auf zwischen 20.000 und 30.000 Lichtjahre.
Sie dürfte sich damit im inneren Bereich unserer Galaxie befinden.
Mit Hilfe bodengebundener Teleskop konnten die Wissenschaftler anschließend
auch Strahlung im Infraroten und im Radiobereich von Swift J1745-46 nachweisen,
im sichtbaren Bereich des Lichtes allerdings blieb die Quelle hinter den dichten
Staubwolken in diesem Himmelsbereich verborgen.
Ihr maximale Leuchtkraft im Bereich der harten Röntgenstrahlung erreichte
Swift J1745-46 am 18. September und hatte zu diesem Zeitpunkt eine vergleichbare
Helligkeit wie der berühmte Krebsnebel. Dieser Supernova-Überrest gilt als
Referenzobjekt für Beobachtungen von Strahlung dieser hohen Energien und als
eine der hellsten Quellen dieser Art außerhalb des Sonnensystems. Als die
Strahlung im hochenergetischen Röntgenbereich schon wieder abnahm, stieg die
Emission der Röntgenstrahlung niedrigerer Energien noch weiter an - ein
typisches Verhalten für Röntgen-Novae.
"Die Muster, die wir sehen, werden bei Röntgen-Novae beobachtet, deren
zentrales Objekt ein Schwarzes Loch ist", so Boris Sbarufatti vom
L’Osservatorio Astronomico di Brera im italienischen Mailand, der gerade
mit anderen Mitgliedern des Swift-Teams an der Penn State
University forscht. "Wir hoffen, dass wir nach Abklingen der
Röntgenstrahlung die Masse bestimmen und bestätigen können, dass es sich
tatsächlich um ein Schwarzes Loch handelt."
Die Astronomen vermuten, dass das Schwarze Loch Partner eines Low mass X-ray
binary (LMXB) ist, also eines Röntgendoppelsterns niedriger Masse. Bei dem
anderen Stern des Systems dürfte es sich um einen normalen, sonnenähnlichen
Stern handeln, von dem Material abgezogen wird und sich in einer sogenannten
Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch sammelt. In dieser Scheibe heizt sich das
Gas auf und sorgt so normalerweise für eine kontinuierliche Strahlung im
Röntgenbereich.
Allerdings kann es unter bestimmten Bedingungen vorkommen, dass der Strom von
Material in Richtung des Schwarzen Lochs unregelmäßig ist, sich das Gas zunächst
im äußeren und kälteren Bereich der Scheibe sammelt und dann irgendwann
plötzlich in Richtung des Schwarzen Lochs strömt. Dies führt dann zu einem
Ausbruch, wie er von Swift beobachtet wurde. Anschließend kann es
wieder mehrere Jahrzehnte dauern, bis sich wieder ausreichend Material in der
Scheibe gesammelt hat und es zu einem erneuten Ausbruch kommt.
Das Phänomen ist Astronomen nicht nur von Röntgendoppelsternen bekannt,
sondern gilt auch als Erklärungsmodell für eine ganze Reihe von ähnlichen
kurzzeitigen Ausbrüchen in den verschiedensten Systemen - von protoplanetaren
Scheiben um junge Sterne, über Novae von Weißen Zwergsternen bis hin zu
supermassereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von entfernten Galaxien.
|