Neuer Blick auf den Bleistiftnebel
von Stefan Deiters astronews.com
12. September 2012
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme des auch als Bleistiftnebel bezeichneten Objektes NGC 2736
veröffentlicht. Es handelt sich dabei um einen Teil der Überreste einer
Sternexplosion, die man vor rund 11.000 Jahren am Himmel hätte verfolgen können.
Sie bewegen sich noch heute mit hoher Geschwindigkeit durchs All.

Der neue Blick auf den Bleistiftnebel NGC
2736. Bild: ESO [Großansicht] |
Am nächtlichen Himmel gibt es zahlreiche eigentümliche Objekte. Viele
erzählen Geschichten von dem beständigen Kreislauf aus Entstehen und
Vergehen, der im All überall zu beobachten ist: Sterne werden in
farbenprächtigen Nebeln geboren und die massereichsten Exemplare beenden ihr
stellares Leben relativ schnell wieder in einer eindrucksvollen
Supernova-Explosion. Deren Trümmerteile sorgen wiederum für die Entstehung neuer,
oft eigentümlich geformter Objekte.
Ein Beispiel dafür zeigt eine heute veröffentlichte Aufnahme, die mit dem
Wide Field Imager am MPG/ESO 2,2-Meter-Teleskop im chilenischen La Silla
entstand. Zu sehen ist das zuweilen als Bleistiftnebel bezeichnete Fragment
eines großen Supernova-Überrestes im südlichen Sternbild Segel des Schiffs
(lateinischer Name: Vela). Die Supernova, die dafür verantwortlich war, wäre vor ungefähr 11.000 Jahren am
irdischen Himmel zu sehen gewesen. Die hellsten Teile dieses Überrestes haben
die Form eines Bleistifts und werden auch als NGC 2736 bezeichnet.
Beim Vela-Supernova-Überrest handelt es sich um eine gewaltige Hülle aus Gas,
die sich vom ursprünglichen Explosionsort langsam ausbreitet. Anfangs geschah
dies mit einer Geschwindigkeit von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde,
doch inzwischen wurde das Material durch anderes Gas im interstellaren Raum langsam
abgebremst. Trifft die Stoßwelle auf Bereiche mit besonders viel Gas, wird
dieses oft auf Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius aufgeheizt und
beginnt hell zu leuchten. Im Bleistiftnebel hat es sich inzwischen wieder
abgekühlt, strahlt aber noch immer ein meist nur schwaches Licht aus, wie auf dem Bild zu
erkennen ist.
Interessant auf der Aufnahme sind auch die zahlreichen filamentartigen
Strukturen in dem Nebel, kleine heller leuchtende Bereiche und Regionen, in
denen das Gas diffuser verteilt ist. Aus den Farben können die Astronomen etwas über die Temperatur des Gases in den verschiedenen Regionen des Nebels
ableiten. So sind einige Bereiche noch immer so heiß, dass das ausgesandte Licht
von der bläulich erscheinenden Strahlung von ionisierten Sauerstoffatomen
dominiert wird. Kühlere Regionen leuchten rötlich, hier dominiert die Emission
von Wasserstoff.
Der Bleistiftnebel hat einen Durchmesser von etwa 0,75 Lichtjahren und ist
rund 800 Lichtjahre von der Erde entfernt. Relativ zum interstellaren Medium
bewegt er sich noch immer mit einer Geschwindigkeit von rund 650.000 Kilometern
pro Stunde. Das ist so schnell, dass sich innerhalb eines Menschenlebens die
Positionsänderung des Nebels in Bezug auf weiter entfernte Sterne feststellen
lassen würde.
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