Der Wechsel der Jahreszeiten auf Titan
von Stefan Deiters astronews.com
13. Juli 2012
Aktuelle Bilder der Saturnsonde Cassini zeigen eine
überraschend hohe Konzentration von Dunst in der oberen Atmosphäre über dem
Südpol des Mondes
Titan und auch einen gerade entstandenen Wirbel. Die
Wissenschaftler vermuten, dass diese Veränderungen mit dem Wechsel der Jahreszeiten
auf dem Trabanten zu tun haben.
Der Wirbel über
dem Südpol des Titan am 27. Juni 2012 in
Echtfarben.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Space Science
Institute [Großansicht]
Animation der Bewegung des Wolkenwirbels über dem
Südpol des Titan. Der Film zeigt einen Zeitraum
von neun Stunden.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Space Science
Institute |
"Die Struktur im Inneren des Wirbels erinnert ein wenig an offene
Konvektionszellen, die man häufig über den Ozeanen der Erde beobachten kann",
meint Tony Del Genio vom Cassini-Team am Goddard Institute for Space Studies der
NASA. "Aber im Gegensatz zur Erde, wo sich solche Schichten direkt über der
Oberfläche befinden, ist dieser Wirbel in sehr großer Höhe. Es könnte sich um die
Reaktion der Stratosphäre des Titan auf die saisonale Abkühlung handeln, da der
Winter im Süden immer näher rückt. Aber es ist noch sehr früh, von daher sind
wir uns nicht sicher."
Erste Anzeichen für die Veränderungen über dem Südpol des Saturnmondes hatte
Cassini bereits im März bemerkt. Damals registrierte die Sonde eine
zunehmende Konzentration von Dunst über dem Südpol des Titan. Ende Mai und
Anfang Juni konnten dann mit dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS)
an Bord der Sonde weitere Beobachtungen der Region gemacht werden.
"VIMS hat eine Konzentration von Aerosolen beobachtet, die sich in einer Höhe
von etwa 300 Kilometern über der Oberfläche des Südpols von Titan bilden",
erläutert Christophe Sotin, ein Mitglied des VIMS-Teams am Jet Propulsion
Laboratory der NASA. "Wir haben hier noch nie Aerosole in dieser Menge gesehen,
von daher wissen wir, dass es sich um ein neues Phänomen handeln muss."
Ende Juni konnte Cassini bei einem entfernten Vorüberflug an Titan noch eindrucksvolle Aufnahmen der Südpolarregion des Mondes im sichtbaren Bereich des
Lichts machen, auf denen der polare Wirbel detailliert zu erkennen ist. Aus
weiteren Aufnahmen, die an diesem Tag entstanden, erstellte das Team auch einen
kurzen Film, der die Bewegung des Wirbels verdeutlicht.
"Künftige Beobachtungen dieser Strukturen werden uns wichtige Daten liefern, um
unsere dynamischen Modelle über die Zirkulation auf Titan sowie die Chemie und
die Wolken- und Aerosol-Prozesse in der oberen Atmosphäre zu testen", so Bob
West vom Jet Propulsion Laboratory.
Cassini hatte bereits gleich nach seiner Ankunft im Saturnsystem im Jahr 2004
einen Wirbel und eine "Haube" aus Dunst in großer Höhe über dem Nordpol von Titan
beobachten können. Damals herrschte auf der Nordhalbkugel des Mondes gerade
Winter. Die Astronomen waren daher gespannt, ob sich ein ähnliches Phänomen auch
über dem Südpol von Titan zeigen wird, wenn hier der Sommer zu Ende geht.
Die Jahreszeiten auf den Saturnmonden werden durch den Umlauf des Ringplaneten
um die Sonne bestimmt. Da Saturn für eine Umrundung der Sonne rund 29 Jahre
benötigt, dauern die einzelnen Jahreszeiten auf Titan etwas mehr als sieben
Jahre. Der Frühling auf der Nordhalbkugel des Mondes und damit der Herbst auf
der Südhalbkugel hatte im August 2009 begonnen.
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