Strukturen und Filamente in Vela C
von Stefan Deiters astronews.com
9. Juli 2012
Die ESA hat heute eine neue faszinierende Ansicht einer
stellaren Kinderstube veröffentlicht, die auf Beobachtungen des
Infrarot-Weltraumteleskops Herschel basiert. Besonders auffällig darauf
ist eine bläulich-orangefarbene Struktur, die an einen Schmetterling erinnert.
Sie ist durch eine Ansammlung von extrem heißen und massereichen Sternen
entstanden.

Die Region Vela C im Vela-Komplex in einem
Bild des Infrarot-Weltraumteleskops Herschel.
Bild: ESA/PACS & SPIRE Consortia, T.
Hill, F. Motte, Laboratoire AIM Paris-Saclay, CEA
/ IRFU – CNRS/INSU – Uni. Paris Diderot, HOBYS
Key Programme Consortium [Gesamtansicht] |
Das heute von der europäischen Weltraumagentur ESA veröffentlichte Bild zeigt
die Region Vela C, den massereichsten Teil des Vela-Komplexes, eines gewaltigen
Sternentstehungsgebiets in rund 2.300 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Segel
des Schiffs. Mit den Infrarotdetektoren des europäischen Weltraumteleskops
Herschel lassen sich hier die Regionen beobachten, in denen die Strahlung
junger Sterne dichte Klumpen aus Gas und Staub aufheizt. In solchen
Materialansammlungen könnten eventuell gerade neue Sonnen entstehen.
Auf dem Bild fallen vor allem zwei Bereiche sofort ins Auge: Rechts der
Bildmitte der Gesamtansicht befindet sich eine bläulich-gelbe Struktur, die an
einen Schmetterling erinnert, der in Richtung einer Ansammlung aus bläulichem
Material in der rechten unteren Ecke zu fliegen scheint. Diese Regionen heben
sich deswegen so deutlich von ihrer Umgebung ab, weil der Staub hier von
besonders heißen jungen Sternen erhitzt wird. So befindet sich entlang des
"Körpers" des Schmetterlings ein Haufen sehr heißer, massereicher Sterne, deren
Strahlung den sie umgebenden Staub aufheizt, der deshalb auf dem Bild gelblich
erscheint.
Massereiche Sterne werden nicht alt. Je größer nämlich die Masse eines Sterns
ist, desto schneller verbrennt er seinen nuklearen Brennstoffvorrat. Die
langlebigsten Sterne im Universum sind daher nicht etwa die massereichsten
Sterne, sondern die masseärmsten. Sterne mit einer Masse von mehr als der
achtfachen Masse unserer Sonne beenden ihr nukleares Leben innerhalb von nur
rund zehn Millionen Jahren nach ihrer Entstehung in einer Supernova-Explosion.
Unsere Sonne hingegen dürfte rund zehn Milliarden Jahre alt werden.
Durch die gesamte Aufnahme schlängeln sich dichte Schwaden aus kaltem
Gas und Staub. Durch Herschels Infrarotaugen erscheinen sie als ein
faszinierendes Netzwerk aus rötlichen Filamenten. Wer genau hinschaut, kann in
diesen Filamenten zahlreiche helle Punkte erkennen, besonders in der linken
Bildhälfte der Gesamtansicht. Es handelt sich dabei um Protosterne, die bald als
vollwertige Sonnen auch diesen Bereich des Vela-Komplexes zum Leuchten bringen
werden.
Die Astronomen vermuten, dass in der Region Vela C die Sternentstehung erst
vor weniger als einer Millionen Jahren einsetzte, so dass sich hier die Geburt
und die erste Lebensphase von Sternen ganz verschiedener Massen studieren lässt.
Die schmetterlingsähnliche Struktur ist auch unter der Bezeichnung RCW 36
oder Gum 20 bekannt. Astronomen nennen einen solchen Bereich eine HII-Region, da
das Wasserstoffgas hier durch die intensive Strahlung der heißen jungen Sterne
ionisiert wurde. Eine weitere solche HII-Region ist die bläuliche Struktur unten
rechts. Sie wird als RCW 34 oder Gum 19 bezeichnet. astronews.com hatte 2010
bereits über diese Region berichtet. Es ist nicht klar, ob RCW 34 tatsächlich
zur Molekülwolke Vela-C gehört oder aber weiter entfernt ist.
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