Magnetfeld bremst Rotation von Sternen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
13. Juni 2012
Am Ende ihres nuklearen Lebens drehen sich sonnenähnliche Sterne, aber
auch Neutronensterne, deutlich langsamer um die eigene Achse als
eigentlich zu erwarten wäre. Verantwortlich dafür könnte ein
magnetischer Effekt sein, der die Sterne abbremst. Wissenschaftlern aus
Potsdam und Dresden ist es nun erstmals gelungen, diesen Effekt im
Laborexperiment nachzuweisen.

Numerische Simulationen zeigen eine starke
Verzerrung des Magnetfeldes im Inneren eines
Sterns ab einer kritischen Magnetfeldstärke.
Bild: AIP |
Wissenschaftler haben in Theorie und Laborexperiment einen magnetischen Effekt nachgewiesen, der
erklären könnte, warum ursprünglich sonnenähnliche Sterne sich am Ende ihres Lebens viel langsamer um die
eigene Achse drehen als erwartet.
Die Forscher des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) haben das Magnetfeld der Sterne
zunächst im Computer simuliert und dann mit Ergebnissen eines speziellen Experimentalaufbaus
verglichen, der im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) realisiert worden ist.
Ziel
des erfolgreichen Experiments war es nachzuweisen, dass ab einer kritischen Magnetfeldstärke eine theoretisch
bekannte und vorhergesagte Instabilität des Magnetfeldes tatsächlich auftritt. Dieses
als Taylor-Instabilität bekannte Phänomen kann das Plasma im Inneren eines Sterns zähflüssiger machen und dadurch seine
Rotationsgeschwindigkeit stärker verringern.
"Theoretisch haben wir die Tayler-Instabilität von Magnetfeldern schon seit Jahren als möglichen
Mechanismus für das Abbremsen von Sternen in Betracht gezogen, nur war ihre tatsächliche Existenz
bisher völlig unbewiesen. Nun ist sie sicher!", freut sich Günther Rüdiger, der Verantwortliche des Projekts
auf Potsdamer Seite und Marcus Gellert, der mit Computer-Simulationen das
Experiment vorbereitet hat, ergänzt: "Unsere Berechnungen wurden durch das Experiment in hervorragender Weise
bestätigt!"
Geht man von einem Stern aus, dessen Kern sich ähnlich schnell um die eigene Achse dreht wie der
unserer Sonne, so muss sich dieser im Laufe seiner Entwicklung auf etwa zehn Prozent des
Anfangswertes verlangsamen, damit die tatsächlich beobachteten, weit geringeren
Rotationsgeschwindigkeiten eines Sterns im Endstadium als Weißer Zwerg oder
Neutronenstern erreicht werden. Eine andauernde magnetische Instabilität böte den effektivsten
Abbremsungsmechanismus und damit ein plausibles Erklärungsmodell für diese enorme
Verlangsamung.
Ob und wie kontinuierlich die Instabilität nicht nur im Labor, sondern auch im Inneren
der Sterne wirkt, werden zukünftige Beobachtungen und verbesserte Simulationen zeigen. Der jetzt
erfolgte experimentelle Nachweis der Instabilität könnte damit ein wichtiges Detail in der Theorie der
Sternentwicklung erschließen.
Nach dem im Jahr 2010 mit dem Preis "Wissenschaft und Gesellschaft" des Stifterverbandes für die
deutsche Wissenschaft ausgezeichneten PROMISE-Experiment zur magnetischen Scherinstabilität
(astronews.com berichtete),
ist dies bereits das zweite Mal, dass die Potsdamer Wissenschaftler zusammen mit dem Team vom
HZDR die Physik der Sterne erfolgreich ins Labor geholt haben.
Das Experiment hat aber eventuell auch ganz praktische Konsequenzen: Der
jetzt erstmals im Laborexperiment nachgewiesene Effekt dürfte nämlich auch für
die Konstruktion großer Flüssigmetall-Batterien von Bedeutung sein, die als
preiswerte Speicher für erneuerbare Energien im Gespräch sind. Die
Taylor-Instabilität könnte hier dafür sorgen, dass ab einer gewissen
Batteriegröße starke Strömungen zwischen den Metallschichten entstehen, die
letztlich zum Kurzschluss führen können. Dies würde sich durch eine angepasste
Bauweise verhindern lassen.
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