Transit der Venus auf der Erde und im All
von Stefan Deiters astronews.com
6. Juni 2012
Astronomen auf der ganzen Welt haben in der vergangenen
Nacht und in den frühen Morgenstunden den letzten Venustransits dieses
Jahrhunderts verfolgt. Unser Nachbarplanet war fast sieben Stunden lang als
kleiner schwarzer Punkt vor der hellen Sonnenscheibe zu sehen. Auch aus dem All
wurde der Transit beobachtet - durch zahlreiche Satelliten und von Bord der
Internationalen Raumstation ISS aus.
Der Venustransit
vom Beobachtungsmodul Cupola der ISS aus gesehen.
Foto: NASA / JSC |
Es war ein Jahrhundertereignis: Astronomen und Astronomieinteressierte auf der
ganzen Welt haben in der vergangenen Nacht und am frühen Morgen versucht, einen
Blick auf die Venus zu erhaschen, die fast sieben Stunden lang vor der Sonne
vorüberzog und als kleiner schwarzer Punkt vor dem hellen Feuerball zu sehen
war. Von Mitteleuropa aus war das Ereignis nur in seiner Schlussphase zu
verfolgen, da die Sonne hier erst knapp zwei Stunden vor Ende des Transits
aufging. Zudem behinderten Wolken in vielen Regionen eine ungestörte
Beobachtung.
Aus dem All hingegen hatte man einen freien Blick auf unser Zentralgestirn und
unseren Nachbarn im Sonnensystem. Insbesondere die Sonnensonden von NASA und ESA
lieferten eindrucksvolle Bilder des kosmischen Schauspiels (siehe dazu auch
unser heutiges
Bild
des Tages). Zu diesen Sonden gehörten aber nicht nur die großen
Sonnenobservatorien wie das Solar Dynamics Observatory der NASA,
sondern etwa auch der kleine ESA-Mikrosatellit Proba-2, der die Venus
während des gesamten Transits fest im Blick behielt.
Von besonderem Interesse war für die Astronomen der Moment des ersten Kontakts,
wenn also Venus erstmals den Rand der Sonnenscheibe zu berühren scheint. Dadurch
kommt es zu einer kleinen Verringerung der Helligkeit der Sonne. Die
Beobachtungen zu genau diesem Zeitpunkt sind auch deswegen interessant, weil
Venus eine dichte Atmosphäre besitzt. Astronomen, die sich mit Planeten
außerhalb unseres Sonnensystems beschäftigen, haben schon mehrfach versucht, aus
dem Transit eines fernen Planeten vor seinem Stern Rückschlüsse auf die
Atmosphäre der fernen Welt zu ziehen. Die Beobachtungen des Venustransits
könnten hier wichtige Vergleichsdaten liefern. Auch das Weltraumteleskop
Hubble hat sich aus diesem Grund an der Beobachtungskampagne beteiligt (astronews.com
berichtete).
Ein faszinierendes Phänomen während eines Transits ist zudem das des "schwarzen
Tropfens". Es tritt in dem Moment auf, zu dem sich die dunkle Scheibe des
Planeten erstmals vollständig vor der Sonnenscheibe befindet. Die
Planetenscheibe löst sich nun bei manchen Beobachtungen nicht etwa einfach von
der Sonne, sondern bleibt kurze Zeit über ein brückenartiges, schwarzes Gebilde
mit dem Sonnenrand verbunden. Das gleiche Phänomen lässt sich dann auch am Ende
des Transits beobachten. Der Effekt hat die genaue zeitliche Messung der
verschiedenen Transitphasen früher erheblich erschwert und hängt mit dem
Auflösungsvermögen der verwendeten Teleskope zusammen.
Auch die Beobachtung des Lichtkranzes um die Planetenscheibe, der sogenannten
Aureole, die in den ersten und den letzten Minuten des Transits zu sehen ist,
war für die Astronomen von Interesse. Dieser Lichtkranz, aus dem man schließen
kann, dass die Venus eine Atmosphäre besitzt, wurde erstmals während eines
Transits im Jahr 1761 beobachtet.
Die Astronomen freuen sich nun darauf, die Daten, die bei Beobachtungen des
Transits von der Erde entstanden sind, mit denen von Satelliten, wie etwa der
ESA-Sonde Venus Express zu vergleichen. Einen ganz besonderen Blick auf
den Venustransit hatten schließlich die Astronauten an Bord der Internationalen
Raumstation ISS, die das Ereignis auf vielen Hundert Bildern festhielten.
Wer den Venustransit schlicht verschlafen hat, aus beruflichen Gründen nicht an
den Himmel schauen konnte oder wem das Wetter einen Strich durch die Rechnung
gemacht hat, der kann sich schon einmal den 9. Mai 2016 vormerken. Dann gibt es
zwar keinen Venustransit - der ereignet sich erst wieder im kommenden
Jahrhundert - aber immerhin einen Transit des sonnennächsten Planeten Merkur.
Der kleine Planet wird in knapp vier Jahren zwischen 13.12 Uhr und 20.42 Uhr
MESZ über die Sonnenscheibe wandern.
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