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LA SILLA
Mit dem Frequenzkamm auf Planetenjagd
Redaktion / idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik
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5. Juni 2012

Wissenschaftlern ist es gelungen, einen sogenannten Laser-Frequenzkamm zur Kalibrierung des Instrumentes HARPS zu verwenden, mit dem schon unzählige extrasolare Planeten entdeckt wurden. Die Empfindlichkeit des Instruments konnte dadurch deutlich gesteigert werden, so dass es künftig noch masseärmere Exoplaneten nachweisen können wird.

Frequenzkamm

Ausschnitt eines mit HARPS gewonnenen Spektrums eines Sterns mit dunklen Absorptionslinien (durchgezogenes Band), die etwas über die Zusammensetzung des Sterns verraten. Die gepunktete Linie darüber ist das Spektrum des Frequenzkamms, das einen genauen Vergleich erlaubt. Bild: ESO [Großansicht]

Laser-Frequenzkämme haben seit ihrer Erfindung vor rund zehn Jahren in vielen Laserlaboren Einzug gehalten. Ursprünglich für die Erkundung der Quantenwelt gedacht, sind sie heute dabei, sich einen festen Platz in der Astronomie und Astrophysik zu erobern. Ein Team von Wissenschaftlern aus der Abteilung Laserspektroskopie von Prof. Theodor W. Hänsch am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching hat jetzt in Zusammenarbeit mit der Europäischen Südsternwarte (ESO), dem Instituto de Astrofísica de Canarias und der Firma Menlo Systems GmbH in Martinsried die Frequenzkammtechnik so modifiziert, dass sie für die Kalibrierung astronomischer Spektrographen eingesetzt werden kann.

Erste Testmessungen am High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS) - einem Spektrographen am 3,6-Meter-Teleskop der ESO am La Silla Observatorium in Chile - ergaben, dass damit eine zehnmal höhere Genauigkeit als mit traditionellen Spektrallampen erreicht wird. Dies wird die Suche nach erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems erheblich erleichtern. Die Wissenschaftler berichteten über ihre Entwicklung in der Fachzeitschrift Nature.

Extrasolare Planeten lassen sich selbst mit den größten Teleskopen nicht direkt abbilden. Eine der bislang erfolgreichsten Nachweismethoden beruht auf der Messung der Dopplerverschiebungen im Spektrum des Muttersterns, der unter dem Einfluss eines umlaufenden Planeten seine Position periodisch verändert. Das von Sternen zu uns gelangende Licht enthält zahlreiche Linien, die für die verschiedenen chemischen Elemente in seiner Gashülle charakteristisch sind. Bewegt sich der Stern auf den Beobachter zu oder von ihm weg, dann verschieben sich diese Linien zu leicht höheren oder niedrigeren Frequenzen. Die Messung dieser sogenannten Dopplerverschiebung erlaubt daher Rückschlüsse auf die Bewegung der Sterne.

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Auf diese Weise hat man in den vergangenen Jahren unzählige extrasolare Planeten entdeckt. Als besonders erfolgreicher Planetenjäger erwies sich dabei das Instrument HARPS in La Silla. Für diesen Erfolg bedurfte es allerdings extrem genauer Messungen, da der Einfluss eines umlaufenden Planeten auf seinen Stern nur sehr gering ist und sich dessen Geschwindigkeit damit nur sehr wenig ändert. Die daraus folgende Dopplerverschiebung im Sternenspektrum ist daher extrem klein und nur mit hochpräzisen Messinstrumenten nachzuweisen.

Eine Größe zu messen heißt, sie mit einem kalibrierten Maßstab zu vergleichen. Die Genauigkeit bei der Bestimmung von Spektrallinien war bislang dadurch begrenzt, dass sich die Eigenschaften der Kalibrationsquellen selbst (etwa einer Thorium-Spektrallampe) im Laufe der Zeit altersbedingt änderten. Die Ende der 1990er Jahre entwickelten Frequenzkämme, für die Theodor W. Hänsch 2005 gemeinsam mit John Hall den Nobelpreis für Physik bekam, steigerten die Genauigkeit der Frequenzbestimmung von Licht erheblich.

2005 schlossen sich das MPQ und die ESO daher zu einer Kooperation zusammen, um diese Technik für die Kalibrierung von Spektrographen zu erproben. Nachdem erste Tests am VTT-Teleskop auf Teneriffa im Jahr 2008 sehr erfolgreich verlaufen waren (astronews.com berichtete), begannen die Wissenschaftler mit der Entwicklung eines Frequenzkamms für den HARPS-Spektrographen am La Silla Observatorium in Chile.

Ein Frequenzkamm wird von einem Laser erzeugt, dessen Licht aus einem diskreten Spektrum aus vielen äquidistanten Linien besteht. Jeder Spektrallinie wird mittels elektronischer Regelung die Genauigkeit einer angeschlossenen Atomuhr aufgeprägt. Ein Vergleich der Spektrallinien eines Sterns mit den Linien dieses zeitlich unveränderlichen "Laserlineals" ermöglicht dann die Messung kleinster Variationen des Sternenlichts, hervorgerufen etwa durch einen Planeten.

Für den Einsatz in Spektrographen waren jedoch einige technische Herausforderungen zu meistern. Auch Präzisionsspektrographen wie HARPS haben eine begrenzte Auflösung, typischerweise von ca. 105. Der Linienabstand in dem zu entwickelnden Frequenzkamm muss daher mit etwa 10 GHz deutlich größer sein, um aufgelöst zu werden. Außerdem arbeiten astronomische Spektrographen im sichtbaren Spektralbereich, da das Sternenlicht hier besonders strukturreich ist.

Als Basis für den Frequenzkamm wurde ein Faserlaser-System gewählt, um einen für Störungen unempfindlichen und wartungsfreien Betrieb zu gewährleisten. Faserlaser-Systeme emittieren jedoch Licht im infraroten Spektralbereich, mit Linienabständen von wenigen 100 MHz. Mit Hilfe einer Kaskade von mehreren spektralen Filtern sowie durch die Verwendung neuartiger Spezialfasern, die in der Gruppe von Philip Russell am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen gefertigt wurden, gelang es, einen Frequenzkamm mit dem benötigten Linienabstand und einem breiten Spektrum im sichtbaren Bereich zu erzeugen.

Die Kalibrierung von HARPS mit diesem Frequenzkamm erlaubt es, Änderungen der Geschwindigkeit bis hinunter zu 2,5 Zentimeter pro Sekunde zu detektieren. Dies wurde bei Messungen im November 2010 und Januar 2011 erfolgreich getestet. Zum Vergleich: Ein Beobachter außerhalb unseres Sonnensystems würde mit entsprechenden Geräten messen können, dass die Geschwindigkeit der Sonne durch den Umlauf der Erde um neun Zentimeter pro Sekunde schwankt. Insgesamt bewegt sich die Sonne mit einer Geschwindigkeit von 220 Kilometern pro Sekunde um das Zentrum der Milchstraße. Die Stabilität des Systems über längere Zeiträume wies das Physiker-Team nach, indem es einen Stern mit einem bereits bekannten Planeten mehrere Nächte lang beobachtete.

Beflügelt von diesem Erfolg verfolgen die Wissenschaftler jetzt ein noch ehrgeizigeres Ziel als den Nachweis von extrasolaren Planeten. Man weiß heute, dass sich das Universum im Laufe der Zeit ausdehnt. Die Interpretation neuer Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung und die Beobachtung von Supernovae legt sogar nahe, dass diese Ausdehnung immer schneller wird. Allerdings ist die Beschleunigung äußerst gering, sie liegt bei jährlich einem Zentimeter in der Sekunde.

Solche extrem kleinen Geschwindigkeitsänderungen sollte einmal das European Extremely Large Telescope (E-ELT) messen können, das von der ESO innerhalb der kommenden zehn Jahre in Chile gebaut werden soll. Durch den Einsatz hochpräziser Frequenzkämme kann der dafür konzipierte CODEX-Spektrograph mit einer Genauigkeit von 1 zu 300 Milliarden kalibriert werden - das ist, als würde man den Umfang der Erde auf einen halben Millimeter genau messen.

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siehe auch
Spektroskopie: Frequenzkamm für präzise Messungen - 5. September 2008
Erdähnliche Planeten: Laser aus Konstanz für Planetensuche? - 13. Mai 2008
Erdähnliche Planeten: Laser für Suche nach zweiter Erde - 8. April 2008
Ferne Welten - die astronews.com-Berichterstattung über die Suche nach extrasolaren Planeten
Links im WWW
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
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