Das Infrarotleuchten einer Super-Erde
von Stefan Deiters astronews.com
9. Mai 2012
Mithilfe des Weltraumteleskops Spitzer haben
Astronomen das Infrarotlicht einer Super-Erde nachweisen können, die den Stern
55 Cancri in äußerst geringem Abstand umrundet. Lebensfreundlich ist der Planet
55 Cancri e allerdings nicht - ganz im Gegenteil: Auf der dem Zentralstern
zugewandten Seite herrschen Temperaturen von über 1.700 Grad Celsius.
55 Cancri e umrundet seine Sonne in äußerst
geringem Abstand.
Bild: NASA / JPL-Caltech / MIT |
"Spitzer hat uns einmal wieder begeistert", urteilt Bill Danchi, der
Programmwissenschaftler für Spitzer am Hauptquartier der NASA in
Washington. "Das Teleskop spielt bei der Erforschung von Atmosphären von
entfernten Planeten eine Pionierrolle und bereitet damit Untersuchungen vor, wie
sie in Zukunft einmal mit dem James Webb Space Telescope durchgeführt
werden können, das mit ähnlichen Verfahren möglicherweise bewohnbare Planeten
untersuchen wird."
Der jetzt von Spitzer beobachtete Planet 55 Cancri e ist hingegen
alles andere als bewohnbar: Mit dem rund doppelten Durchmesser der Erde und etwa
ihrer achtfachen Masse, gehört er zwar in die Klasse der Super-Erden, ist also
massereicher als die Erde, aber noch nicht so massereich wie Neptun, umkreist
jedoch seinen Zentralstern in sehr geringer Entfernung. Für einen Umlauf
benötigt er lediglich rund 18 Stunden. Bei seiner Entdeckung 2004 war man noch
von einer Orbitperiode von 2,4 Tagen ausgegangen. Später konnte man aber auch
Transits von 55 Cancri e beobachten und ermittelte so eine Umlaufdauer von rund
18 Stunden.
Schon zuvor hatten Astronomen den Planeten mit Hilfe von Spitzer und
anderen Teleskopen untersucht, indem sie Veränderungen des Lichts des Sterns
analysierten, die zu beobachten waren, wenn der Planet - von der Erde aus
gesehen - gerade vor seiner Sonne vorüberzieht und den Stern dadurch ein wenig
verdunkelt. Jetzt konnten die Forscher mit Hilfe von Spitzer bestimmen,
wie viel Infrarotlicht von dem Planeten selbst stammt. Sie registrierten nämlich
eine geringe Verringerung der Infrarothelligkeit des Systems, sobald 55 Cancri e
hinter seinem Zentralstern verschwindet.
Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass der Planet sehr dunkel ist und
auf seiner dem Stern zugewandten Seite Temperaturen von über 1.700 Grad Celsius
herrschen dürften. Das Resultat passt zu vorhandenen Modellen über das Aussehen
des Planeten: Danach handelt es sich bei 55 Cancri e um eine "Wasserwelt", die
aus einem Gesteinskern besteht, der von Wasser in einem überkritischen Zustand
umgeben ist. In diesem Zustand kann nicht mehr unterschieden werden, ob das
Wasser flüssig oder gasförmig ist. Darüber dürfte es noch einen Schleier aus
Wasserdampf geben.
"Der Planet könnte sehr ähnlich wie Neptun aussehen, wenn man Neptun Richtung
Sonne ziehen und zuschauen würde, wie seine Atmosphäre verdampft", so Michaël
Gillon von der Université de Liège in Belgien, der die Untersuchung
leitete. Ein Fachartikel über die Studie soll in der Zeitschrift
Astrophysical Journal erscheinen.
Das System 55 Cancri ist uns mit einer Entfernung von 41 Lichtjahren relativ
nahe. 55 Cancri e ist die innerste Welt unter den insgesamt fünf bislang
entdeckten Planeten des Systems. Der Planet bewegt sich in gebundener Rotation
um seinen Zentralstern, so dass er diesem immer die gleiche Seite zuwendet. Da
diese Seite offenbar sehr heiß ist, könnte dies bedeuten, dass der Planet
über keine signifikante Atmosphäre verfügt, durch die nämlich sonst Wärme auf die von dem
Stern abgewandte Seite des Planeten transportiert werden würde.
"Als wir vor über 40 Jahren mit den ersten Planungen für Spitzer
begonnen haben, waren extrasolare Planeten noch gar nicht entdeckt", blickt
Michael Werner, der Projektwissenschaftler für Spitzer am Jet
Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena zurück. "Da Spitzer
aber so gut konstruiert ist, konnte es sich an dieses neue Forschungsgebiet
anpassen und historische Beiträge dazu leisten."
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