Navigation mit rotierenden Neutronensterne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
16. April 2012
Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne, deren eng gebündelte
Strahlung wie der Lichtkegel eines Leuchtfeuers durch das All streicht.
Astronomen des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik haben
nun ein Verfahren vorgestellt, mit dem sich diese Pulsare zur Navigation
im All verwenden lassen. Die Methode könnte aber auch irdische
Navigationssysteme verbessern.

Raumsonden könnten bald auch mit Hilfe von
Pulsaren navigieren.
Bild: Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik / ESA |
Seit Jahrtausenden navigieren und orientieren sich Menschen auf der Erde
anhand der Gestirne am Himmel. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut
für extraterrestrische Physik haben nun eine Navigationsmethode
entwickelt, die auf den periodischen Signalen von Neutronensternen
beruht. Diese soll es Raumsonden in Zukunft möglich machen, sich
eigenständig im Weltall zurechtzufinden. Professor Werner Becker stellte
diese Technologie Ende März 2012 auf dem National Astronomy Meeting
der britischen Royal Astronomical Society in Manchester vor.
Derzeitige Navigationssysteme für Raumsonden basieren auf
Laufzeitmessungen von Radiosignalen von der Erde aus. Doch dazu braucht
man zum einen mehrere Antennen auf der Erde und zum anderen werden die
Messungen immer ungenauer, je größer der Abstand der Raumsonde zur Erde
ist. Eine unabhängige und autonome Methode mit Pulsarsignalen könnte
dieses System in Zukunft ergänzen oder sogar ablösen.
Ein Neutronenstern ist der kompakte Überrest eines einst massereichen
Sterns, der, nachdem er seinen nuklearen Brennstoff aufgebraucht hat, in
einer gigantischen Supernova explodiert ist. Diese Sterne besitzen sehr
starke Magnetfelder, was dazu führt, dass sie ihre Strahlung entlang
schmaler Strahlungskegel aussenden. Da der Neutronenstern rotiert,
streifen diese Strahlungskegel wie die Signale eines Leuchtturms durch
den Weltraum. Für einen Beobachter scheinen solche Objekte zu pulsieren;
daher auch der Name Pulsar.
Becker und seine Gruppe am Max-Planck-Institut für extraterrestrische
Physik entwickeln ein Navigationssystem für Raumfahrzeuge, das auf der
periodischen Emission von Röntgenstrahlung einiger Pulsare beruht. Deren
zeitliche Stabilität ist mit der von Atomuhren vergleichbar. Ihre
charakteristischen Signale könnten somit zur Positionsbestimmung
eingesetzt werden, analog zur GPS-Navigation auf der Erde. Vergleicht
man die an Bord gemessenen Puls-Ankunftszeiten mit den vorhergesagten
Ankunftszeiten an einem Referenzpunkt, so kann die Position der
Raumsonde mit einer Genauigkeit von wenigen Kilometern bestimmt werden -
überall im Sonnensystem und weit darüber hinaus.
Mit heute verfügbaren Antriebstechnologien sind Reisen außerhalb des
Sonnensystems durch unsere Galaxie noch Zukunftsmusik. Dennoch könnte
ein Navigationssystem auf der Grundlage von Pulsarsignalen für
Raumsonden schon bald zum Einsatz kommen - vor allem da gegenwärtig
neue, leichtgewichtige Röntgenspiegelsysteme entwickelt werden, die in
15 bis 20 Jahren zur Verfügung stehen dürften.
"Eine mögliche Anwendung dieser neuen Technologie besteht in der
Unterstützung von Satelliten-Navigationssystemen wie GPS oder
Galileo. Damit könnten diese Systeme autonom, also unabhängig von
Bodenstationen auf der Erde, betrieben werden", so Becker. "Auch eine
autonome Navigation interplanetarer Raumsonden wird damit möglich. Dies
könnte bereits für eine bemannte Mission zum Mars von Interesse sein."
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