Der schwere Weg zur richtigen Atmosphäre
Redaktion
/ Pressemitteilung der Österreichischen Akademie der Wissenschaft astronews.com
16. März 2012
Nach Ansicht der meisten Astronomen ist es nur noch eine Frage der Zeit,
bis tatsächlich ein erdgroßer Planet in der lebensfreundlichen Zone um
einen sonnenähnlichen Stern gefunden wird. Doch ist dies dann auch
zwangsläufig eine zweite Erde? Sehr wahrscheinlich nicht, meint nun ein
Wissenschaftlerteam, das sich mit der Entwicklung der Atmosphären von
jungen Planeten beschäftigt hat.

Planeten in der
habitablen Zone um ihren Stern, hier eine
künstlerische Darstellung von
Kepler-22b, müssen nicht unbedingt auch eine
lebensfreundliche Atmosphäre haben. Bild: NASA / Ames / JPL-Caltech |
Der Begriff "erdähnlich" wird heute gerne für einen Exoplaneten benutzt,
um es mit der Entdeckung einer weiteren Welt um einen fernen Stern doch
noch auf die Wissenschaftsseite der Tageszeitungen zu schaffen.
Astronomen haben nämlich inzwischen schon viele hundert Planeten
aufgespürt und dank des Weltraumteleskops Kepler gibt es zudem
eine Liste mit vielen tausend potentiellen Planeten.
Darunter befinden sich auch zahlreiche Welten, die in der sogenannten
habitablen Zone um ihren Zentralstern umlaufen, also in jenem Bereich,
in dem Wasser theoretisch in seiner flüssigen Form vorkommen könnte.
Manche davon ähneln von der Masse her unserer Erde. In nicht allzuferner
Zukunft dürfte man also tatsächlich einen Planeten entdecken, der
unserer Erde ähnlich ist - zumindest was seine Umlaufbahn, seinen Radius
und seine Masse betrifft.
Doch es wäre voreilig, bei einem solchen erdähnlichen Planeten gleich an
eine "zweite Erde", also an einen fast paradiesischen Planeten zu
denken, wie man ihn aus Science-Fiction-Filmen kennt. Damit ein Planet
tatsächlich unserer Erde gleicht, sind nämlich noch weitaus mehr
Voraussetzungen zu erfüllen. Und dass dies nicht immer leicht ist, zeigt
eine neue Studie, die gerade im wissenschaftlichen Fachjournal Origins of Life and Evolution of Biospheres erschienen ist.
Kennzeichnend für die Erde ist ihre von Stickstoff dominierte
Atmosphäre. Dieses Gas macht rund 78 Prozent unserer "Atemluft" aus. Die
Entwicklung solcher Atmosphären sei aber, so das Ergebnis der
Wissenschaftler, sehr komplex und beruht auf einer Reihe von Zufällen,
die mit der Entstehung von Protoatmosphären und dem darauffolgenden
Strahlungsverhalten des Zentralsterns zusammenhängen.
Deswegen könne man nach gegenwärtigem Wissensstand aus den zahlreichen Entdeckungen
von Planeten in der habitablen Zone nicht auf die Häufigkeit von Planeten schließen, die wie die junge Erde eine Stickstoffatmosphäre entwickeln, Ozeane mit flüssigem Wasser beherbergen und Kontinente über Milliarden Jahre aufrecht erhalten.
"Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass viele erdähnliche Planeten, auch wenn sie sich in einer habitablen Zone um ihren Stern befinden, Probleme haben, ihre Wasserdampf- und Kohlendioxid-reichen Uratmosphären in den Weltraum zu verlieren",
erklärt Helmut Lammer vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF)
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der auch Erstautor des
Fachartikels ist. "Stimmen unsere Vermutungen, dann kann man davon ausgehen, dass sich die Atmosphären sehr vieler erdähnlicher Planeten anders als auf der Erde entwickeln. Das Resultat wären entweder Gesteinsplaneten, die von sehr dichten Wasserstoffhüllen umgeben sind, oder Wasserwelten mit Venus-ähnlichen Kohlendioxidatmosphären."
Doch selbst wenn sich auf einer fernen Welt eine Stickstoff-dominierte
Atmosphäre entwickeln konnte, würde es noch auf den Zeitpunkt ankommen:
Geschähe dies nämlich zu früh, könnte sie auch wieder verloren gehen,
abhängig von den Bedingungen auf dem Planeten und dem
Strahlungsverhalten des Zentralsterns.
Die österreichischen Wissenschaftler wollen solche und andere
Fragestellungen im Rahmen des kürzlich genehmigten Forschungsnetzwerks "Pathways to Habitability"
weiter untersuchen (astronews.com berichtete). An dem österreichischen
Netzwerk sind auch die Grazer Forscher beteiligt.
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