Wiedersehen mit G350.1-0.3
von Stefan Deiters astronews.com
24. Februar 2012
Die NASA hat kürzlich eine neue Aufnahme des
Supernova-Überrestes G350.1-0.3 veröffentlicht, die mit Daten des Weltraumteleskops
Chandra erstellt wurde. Der Supernova-Überrest in rund 14.700 Lichtjahren Entfernung war
erst vor knapp vier Jahren als solcher identifiziert worden. Zuvor hatte man den
Nebel für eine entfernte Galaxie gehalten.
Dieses Bild von G350.1-0.3 wurde aus
Röntgendaten von Chandra (goldfarben) und
Infrarotdaten von Spitzer (bläulich und purpur) kombiniert.
Bild: NASA / CXC / SAO / I.Lovchinsky et al. (Chandra), NASA / JPL-Caltech (Spitzer) [Großansicht] |
Durch das Studium der Überreste von Supernova-Explosionen können Astronomen
eine ganze Menge über das dramatische Ende von massereichen Sternen lernen. Das
NASA-Röntgenteleskop Chandra hat deswegen in den vergangenen Jahren immer
wieder solche
Objekte anvisiert, unter anderem auch den Supernova-Überrest G350.1-03, der rund 14.700 Lichtjahre von der Erde entfernt in Richtung des galaktischen
Zentrums liegt. Kürzlich veröffentlichte die NASA nun ein neues Bild
dieses eigentümlichen Objektes, das erst im Jahr 2008 als Supernova-Überrest identifiziert worden war. Zuvor hatte man den Nebel für eine
entfernte Galaxie gehalten (astronews.com berichtete).
Durch Beobachtungen mit Chandra und dem europäischen Röntgenteleskop
XMM-Newton hat man in den Überresten der Explosion ein kompaktes Objekt
ausfindig gemacht, bei dem es sich vermutlich um den dichten Kern des explodierten Sterns
handelt - also wahrscheinlich ein Neutronenstern. Sollte sich die Supernova aber
im Mittelpunkt der beobachteten Röntgenemissionen ereignet haben, hat sich dieser Neutronenstern inzwischen deutlich von dieser
Position entfernt. Er müsste also durch die Explosion einen gewaltigen "Kick"
bekommen haben.
Die Beobachtungen von Chandra und anderen Teleskopen haben ergeben, dass die
Explosion vor 600 bis 1.200 Jahren zu beobachten gewesen sein müsste. Stimmt der
vermutete Ort der Supernova, hätte sich der Neutronenstern also seit der Explosion
mit einer Geschwindigkeit von mindestens 4,5 Millionen Kilometer pro Stunde
fortbewegen müssen. Er würde damit zu den schnellsten bislang bekannten
Neutronensternen gehören und wäre ein weiterer Hinweis darauf, dass die
Sternenreste bei Supernova-Explosionen einen gewaltigen "Kick" bekommen können.
Auch die Form von G350.1-0.3 fasziniert die Wissenschaftler. Viele
Supernova-Überreste erscheinen nämlich mehr oder weniger kreisförmig, G350.1-0.3
hingegen ist äußerst asymmetrisch. Die Astronomen vermuten, dass sich die Form durch eine
nahe Wolke aus kaltem molekularem Gas erklären lässt, in die sich die
Trümmerwolke der Explosion ausgedehnt hat.
Mit einem vermuteten Alter von 600 bis 1.200
Jahren wäre die Supernova in dem gleichen Zeitraum zu beobachten gewesen, in der
auch die Explosionen der Sterne zu sehen war, die für die Entstehung des
Krebsnebel oder des Überrests von SN 1006 verantwortlich waren. Bemerkt haben
dürfte dieses Ereignis auf der
Erde aber jedoch kaum jemand, da zwischen uns und dem Explosionsort dichte
Schwaden aus Gas und Staub liegen, die eine Beobachtung im sichtbaren Bereich
des Lichts erheblich behindern.
|