Neue Hinweise auf urzeitlichen Ozean
von Stefan Deiters astronews.com
7. Februar 2012
Mit Hilfe der europäischen Marssonde Mars Express
wurden jetzt neue Hinweise dafür gefunden, dass Teile des roten Planeten früher
einmal von einem Ozean bedeckt waren. Dem Radarinstrument MARSIS an Bord der
Sonde gelang es, im Untergrund Sedimentablagerungen nachzuweisen, wie sie sich
einmal auf einem Meeresboden gebildet haben könnten.

Die nördlichen Ebenen des Mars könnten einmal
von einem Ozean bedeckt gewesen sein.
Bild: ESA / C. Carreau |
Das Radarinstrument MARSIS an Bord der europäischen Marssonde
Mars Express ist seit 2005 in Betrieb und hat seitdem kontinuierlich Daten
geliefert. Jetzt haben Jérémie Mouginot vom Institut de Planétologie et
d'Astrophysique de Grenoble (IPAG) und der University of California
in Irvine und seine Kollegen Radardaten aus über zwei Jahren ausgewertet und
dabei entdeckt, dass die nördlichen Ebenen des Mars mit einem Material von nur
sehr geringer Dichte bedeckt sind. "Wir interpretieren das als
Sedimentablagerungen, die eventuell auch reich an Eis sein könnten", so Mouginot.
"Es ist ein deutlicher neuer Hinweis darauf, dass es dort einmal einen Ozean
gab." Die Regionen liegen innerhalb von bereits früher entdeckten potentiellen
ehemaligen Küstenlinien.
Diskutiert wird unter Wissenschaftlern vor allem die Existenz von Ozeanen,
die während zweier unterschiedlicher Epochen der Marsgeschichte auf der
Oberfläche existiert haben sollen: vor vier Milliarden Jahren, als es vermutlich
ein deutlich wärmeres Klima auf dem Mars gab, und vor drei Milliarden Jahren,
als Eis im Untergrund - eventuell durch geothermische Aktivität - in großem
Umfang geschmolzen ist. Dabei entstanden auch tiefe Abflussrinnen, durch die das
Wasser in niedrigere Regionen geströmt ist.
"MARSIS kann auch erkennen, was sich unterhalb der Oberfläche befindet. Es
liefert so Daten aus bis zu 60 bis 80 Metern Tiefe im Planetenuntergrund",
erklärt Wlodek Kofman, der die Radar-Arbeitsgruppe in Grenoble leitet. "In
diesem gesamten Bereich sehen wir deutliche Hinweise auf Sedimentgestein und
Eis." Sedimentgestein ist typischerweise ein Material mit nur niedriger Dichte,
das durch Erosion von Wasser abgetragen wurde und sich dann an anderer Stelle
abgelagert hat.
Der Ozean, auf den die Wissenschaftler nun neue Hinweise gefunden haben,
dürfte vor rund drei Milliarden Jahren existiert und sich vermutlich nicht sehr
lange an der Oberfläche gehalten haben. Innerhalb von nur etwa einer Million
Jahre, so schätzt Mouginot, hat sich das Wasser entweder wieder in Untergrundeis
verwandelt oder aber ist in die Atmosphäre verdampft. "Ich glaube nicht, dass es
sich lange genug an der Oberfläche gehalten hat, um die Entstehung von Leben zu
ermöglichen."
Sollten sich auf dem Mars überhaupt einmal primitive Organismen gebildet
haben, dann vermutlich wohl in noch fernerer Vergangenheit, als das Klima die
Existenz von Wasser eventuell auch über einen längeren Zeitraum ermöglicht hat.
Die jetzt entdeckten neuen Hinweise auf einen Ozean sind nach Ansicht der
Forscher allerdings der bislang beste Beweis dafür, dass es überhaupt einmal
größere Wassermengen auf der Marsoberfläche gab. Außerdem würde der Fund erneut
deutlich machen, dass Wasser eine wichtige Rolle in der geologischen Geschichte
des Mars gespielt hat.
"Frühere Hinweise von Mars Express auf Wasser basierten auf Bildern,
auf mineralogischen Daten oder auf atmosphärischen Messungen. Jetzt haben wir
auch die Sicht des Untergrund-Radars", so Oliver Witasse, Projektwissenschaftler
für Mars Express bei der europäischen Weltraumagentur ESA. "Das liefert
ein weiteres wichtiges Puzzleteil. Doch eine Frage bliebt: Wohin ist das ganze
Wasser verschwunden?"
|