Blick auf die Dünen von Titan
von Stefan Deiters astronews.com
24. Januar 2012
Mithilfe von Radardaten der Sonde Cassini haben
Astronomen die Dünen des Saturnmonds Titan genauer unter die Lupe genommen.
Dabei stellten sie deutliche regionale Unterschiede der Erscheinungsform der
Sanddünen auf dem Trabanten fest. Diese könnten etwas über das Klima und die
geologische Geschichte Titans verraten.
Dünen auf Titan (links) im Vergleich zu Dünen
auf der Erde.
Bild: NASA / JPL-Caltech, NASA /
GSFC / METI / ERSDAC / JAROS und das U.S./Japan
ASTER Science Team [Großansicht] |
Dünen sind, von den relativ eintönigen Ebenen abgesehen, die
häufigste geologische Struktur auf dem Saturnmond Titan. Sie bedecken ungefähr
13 Prozent seiner Oberfläche, also rund zehn Millionen Quadratkilometer. Dies
entspricht in etwa der Fläche der Vereinigten Staaten von Amerika. Auf den
ersten Blick scheinen die Dünen auf Titan bestimmten Dünenformen zu ähneln, die
man auch auf der Erde findet - etwa den Lineardünen in Namibia oder auf der
arabischen Halbinsel. Sie sind allerdings deutlich größer: Die Titandünen haben
eine durchschnittliche Breite von ein bis zwei Kilometern, eine Länge von
mehreren hundert Kilometern und eine Höhe von etwa 100 Metern. Dabei gibt es
jedoch entscheidende regionale Unterschiede. Diese sind für Wissenschaftler vor
allem deswegen interessant, weil sie etwas über die Umweltbedingungen verraten,
unter denen sich die Dünen gebildet haben müssen.
Mit Hilfe von Radardaten des Saturnmondes, die mit der Sonde Cassini
- einer
NASA-Mission, die zusammen mit europäischen Partnern durchgeführt wird -
gewonnen wurden, haben
Wissenschaftler nun versucht, mehr über die Verteilung und das Aussehen der Dünen auf dem
Trabanten herauszufinden. Alice Le Gall vom Laboratoire Atmosphères, Milieux,
Observations Spatiales in Paris und ihre Kollegen haben so entdeckt, dass die Größe der
Titandünen offenbar von mindestens zwei Faktoren abhängt: von der Höhe des Geländes und
vom Breitengrad.
Je höher die Region ist, in der sich eine Düne auf Titan ausgebildet
hat, desto dünner sind die Dünen und desto weiter sind sie voneinander entfernt.
Außerdem scheint es zwischen diesen Dünen nur eine relativ dünne Schicht aus
Sand zu geben. Dies deutet darauf hin, dass sich der Sand, der zur Entstehung
von Dünen benötigt wird, vor allem in den niedriger gelegenen Ebenen von Titan findet. Dieser Sand,
so die Wissenschaftler, dürfte auf Titan nicht - wie auf der Erde -
hauptsächlich aus Silikaten, sondern aus festen Kohlenwasserstoffen in Form
kleiner, etwa ein Millimeter großer Körner bestehen. Die Kohlenwasserstoffe sind
zuvor durch eine Form von Niederschlag auf den Boden gelangt.
Außerdem scheint das Vorkommen der Dünen regional begrenzt zu sein: Die
Dünenfelder finden sich in der Äquatorregion des Mondes, zwischen 30 Grad
südlicher und 30 Grad nördlicher Breite. Allerdings haben die Dünen auf der
Nordhalbkugel offenbar etwas geringere Ausmaße als die auf der Südhalbkugel des
Saturnmondes. Dies könnte, so die Vermutung der Wissenschaftler, mit dem
elliptischen Orbit des Ringplaneten zu tun haben.
Der Umlauf des Saturn um die Sonne bestimmt nämlich auch die Jahreszeiten
auf dessen Monden. Auf Titan dauern die einzelnen Jahreszeiten daher auch rund sieben
Jahre. Da die Umlaufbahn des Ringplaneten nicht exakt kreisförmig ist, der
Abstand zur Sonne also variiert, sind die Sommer auf der Südhalbkugel von Titan
kürzer aber intensiver. Dies könnte dazu führen, dass die südlichen Regionen
trockener sind. Da sich trockener Sand aber leichter bewegen lässt, können hier
auch eher Dünen entstehen. "Wenn man nun in den Norden geht, nimmt die
Feuchtigkeit im Boden zu, wodurch dieser nicht mehr so mobil ist und die
Entstehung von Dünen schwieriger wird", erklärt Le Gall.
Für diese These der Wissenschaftler spricht, dass sich auch die Seen auf
Titan nicht gleichmäßig auf der Nord- und Südhalbkugel des Mondes verteilen,
sondern sich häufiger in nördlichen Breiten finden lassen (astronews.com
berichtete). Auch dies deutet
darauf hin, dass es auf der Nordhalbkugel feuchter ist.
"Zu verstehen, wie die Dünen entstanden sind und wie ihre Form, Größe und
Verteilung auf der Oberfläche von Titan zu erklären ist, ist sehr wichtig, um
etwas über das Klima und die Geologie des Saturnmonds zu lernen", so Nicolas
Altobelli, Projektwissenschaftler der Cassini-Mission bei der europäischen
Weltraumagentur ESA. "Insbesondere da ihr Material aus gefrorenem
atmosphärischen Kohlenwasserstoffen besteht, könnten sie uns etwas über den noch
immer rätselhaften Methan/Ethan-Kreislauf auf Titan verraten, der in mancher
Hinsicht dem Wasserkreislauf auf der Erde gleicht."
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