Weihnachtsbaum-Sternhaufen im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
16. Dezember 2011
Gleich vier Weltraumteleskope und zwei Observatorien auf der
Erde nehmen in der Weihnachtszeit ein Objekt ins Visier, das nicht besser zur
Jahreszeit passen könnte: den Weihnachtsbaum-Sternhaufen im Sternbild Einhorn.
Die gleichzeitige Beobachtung in verschiedenen Wellenlängenbereichen erlaubt den
Astronomen einen Blick auf ganz unterschiedliche Details des Sternhaufens.
Anfang Dezember 2011 begann eine wohl bislang einmalige astronomische
Beobachtungskampagne, an der vier Satelliten und zwei erdgebundene Observatorien
beteiligt sind. Die Weltraumteleskope MOST, CoRoT, Spitzer
und Chandra beobachten gleichzeitig über mehrere Wochen den etwa sechs
Millionen Jahre jungen Weihnachtsbaum-Sternhaufen im infraroten und sichtbaren
Licht sowie im Röntgenbereich. Daran beteiligt sind mit Konstanze Zwintz und
Paula Stella Teixeira auch zwei Astronominnen der Universität Wien. Sie
interessieren sich für die neugeborenen Sonnen des Haufens und erforschen den
inneren Aufbau von Sternen.
Der Weihnachtsbaum-Sternhaufen oder "Christmas Tree-Cluster" ist auch unter
seiner Katalognummer NGC 2264 bekannt und befindet sich etwa 2.600 Lichtjahre
entfernt im Sternbild Einhorn. Er ist Teil eines sehr jungen
Sternentstehungsgebiets. Im Rahmen der Beobachtungen des
Weihnachtsbaum-Sternhaufens, der seinen Namen der Tatsache verdankt, dass er im
sichtbaren Bereich des Lichts an einen Weihnachtsbaum erinnert, werden
Messungen von etwa 5.000 Sternen unterschiedlicher Massen und
Entwicklungsstadien im infraroten und sichtbaren Licht sowie im Röntgenbereich
durchgeführt.
"In jedem dieser Wellenlängenbereiche kann man andere Details des
Sternhaufens erkennen" erläutert Zwintz. "Auch unsere Milchstraße sieht in
unterschiedlichen Wellenlängen anders aus." Die Untersuchungen mit den vier
Weltraumteleskopen werden durch Beobachtungen mit Teleskopen der europäischen
Südsternwarte (ESO) in Chile und auf den Mauna Kea in Hawaii ergänzt. Die
Beobachtungen sollen noch bis Mitte Januar 2012 andauern.
Die beteiligten wissenschaftlichen Teams kommen dabei aus den USA, Kanada,
Brasilien und Österreich. Die beiden Österreicherinnen machen sich im Rahmen des
Projekts auf die Suche nach Planetensystemen um neu entstandene Sterne. Ein
weiteres wichtiges Ziel ist es, pulsierende junge Sterne im
Weihnachtsbaum-Sternhaufen zu untersuchen, um Rückschlüsse auf den Aufbau der
Sterne zu ziehen. "Wir erwarten uns von diesem einzigartigen Beobachtungsprojekt
neue Erkenntnisse über die Entstehung von Sternen und Planeten", so Zwintz.
Zwintz beschäftigt sich mit den lichtstärkeren, also mit den massereicheren
und schon besser entwickelten Mitgliedern des Sternhaufens und deren
Sternpulsationen: "Die Untersuchung von Sternschwingungen, in der Fachsprache
Asteroseismologie, erlaubt uns - ähnlich wie bei der Erdbebenanalyse,
Rückschlüsse auf den inneren Aufbau der Sterne. Junge, noch wenig entwickelte
Sterne haben eine andere innere Struktur als ältere Sterne."
Ihre Kollegin kümmert sich hingegen um die Neugeborenen des Sternhaufens, die
jüngsten und lichtschwächsten Sterne, die teilweise noch in ihrer Geburtswolke
eingebettet sind. "Die Wechselwirkungen eines neu geborenen Sterns mit der ihn
umgebenden Staub- und Gashülle erlauben uns, mehr über die ersten Phasen im
Sternleben zu lernen. Damit gewinnen wir auch mehr Information über die
Entstehung und Entwicklung unserer eigenen Sonne", erläutert Teixeira. Sie ist
für die CoRoT-Messungen von jungen Sternen verantwortlich.
Der kanadische Mikro-Satellit MOST wird während seiner
Beobachtungszeit die 90 hellsten Sterne im Feld des Sternhaufens im sichtbaren
Licht aufnehmen. Das europäische Weltraumteleskop CoRoT wird das Licht
mehrerer Tausend Sterne - darunter die lichtschwächsten Objekte - in dieser
Region am Himmel sammeln. Die Daten von MOST und CoRoT zusammen werden eine
homogene Analyse aller Mitglieder von NGC 2264 im gesamten Helligkeitsbereich
ermöglichen.
Das NASA-Weltraumteleskop Spitzer beobachtet die Sterne des
Weihnachtsbaum-Sternhaufens im infraroten Bereich. Strahlung in diesem
Wellenlängenbereich wird von den Staub- und Gashüllen von gerade entstandenen
Sternen ausgesendet. Chandra, das vierte beteiligte
Weltraumobservatorium - ebenfalls von der NASA, untersucht die äußersten
Bereiche der Staub- und Gashüllen um junge Sterne und kurze, explosive Phänomene
in dem jungen Sternhaufen im Röntgenbereich.
Die Beobachtungen im Weltraum werden gleichzeitig mit Messungen von
Observatorien auf der Erde unterstützt. So sind unter anderem Teleskope an der
Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile und am Mauna Kea in Hawaii ebenfalls
an der internationalen Kampagne beteiligt. Die von der Erde aus aufgenommenen
Daten liefern den Astronomen zusätzliche Informationen, die ihnen etwas über die
chemische Zusammensetzung der Sterne verraten.
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