Gips-Ader verrät feuchte Mars-Vergangenheit
von Stefan Deiters astronews.com
9. Dezember 2011
Mit einer russischen Marssonde im Erdorbit und einem
amerikanischen Rover auf dem Weg zum roten Planeten vergisst man fast, dass ein
Marsrover noch immer aktiv auf dem Mars seine Untersuchungen macht: Opportunity.
Jetzt präsentierten Forscher dessen jüngsten Fund - eine Ader aus Kalziumsulfat
oder Gips. Es handelt sich um das vielleicht beste Indiz dafür, dass der Mars
eine feuchte Vergangenheit hatte.

Die untersuchte Gips-Ader Homestake am Rand
des Endeavour-Kraters.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Cornell / ASU
[Großansicht]

Die Ader ist neben dem Schatten des
Rover-Mastes als helle Linie deutlich zu
erkennen.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
"Das verrät uns eindeutig, dass Wasser hier einmal durch
Risse des Gesteins im Untergrund geflossen ist", zeigte sich Steve Squyres von
der Cornell University, der verantwortliche Wissenschaftler für den Marsrover
Opportunity überzeugt. "Das Zeug ist eine nahezu reine chemische Ablagerung, die
genau dort entstanden ist, wo wir sie jetzt sehen. Das lässt sich für
keine andere Gips-Ablagerung sagen, die man auf dem Mars schon gesehen hat oder für
andere Mineralien, die Opportunity entdeckt hat und die mit Wasser in Verbindung
stehen. Auf der Erde ist das nichts Seltenes, doch auf dem Mars lässt so ein
Fund Geologen vor Freude in die Luft springen."
Die jüngste Entdeckung des
Marsrover Opportunity, der seit einigen Monaten den Rand des Kraters Endeavour
untersucht (astronews.com berichtete), präsentierte das Roverteam auf einer
Tagung der American Geophysical Union am Mittwoch in San Francisco. Am
gründlichsten hat Opportunity dabei einen etwa daumengroßes Teil der Ader
untersucht und dabei festgestellt, dass sich diese und auch andere Ablagerungen in diesem
Abschnitt des Kraterrandes von allem unterscheiden, was Opportunity in den 90
Monaten zuvor analysiert hatte.
Das Roverteam hatte die Ader, die den informellen
Namen "Homestake" bekommen hat, im vergangenen Monat mit dem
Alphapartikel-Röntgenspektrometer am Arm des Rovers untersucht und dabei
festgestellt, dass sie große Mengen an Schwefel und Kalzium enthält und es sich
vermutlich um reines Kalziumsulfat handelt. Dies kommt in ganz verschiedenen
Formen vor, abhängig davon wie viel Wasser in die Kristallstruktur eingebunden
ist. Die Daten von Opportunity deuten darauf hin, dass es sich um Gips handelt,
ein Dihydrat von Kalziumsulfat. Gips war auch schon zuvor aus dem Orbit in einem
Dünenfeld im Norden des Planeten nachgewiesen worden.
"Wo der Gips im Norden herkommt, ist wirklich ein Rätsel", so Benton Clark
vom Space Science Institute, der zum Wissenschaftlerteam von Opportunity gehört.
"Bei Homestake sehen wir das Material genau dort, wo es auch entstanden ist. Es
wäre wichtig herauszufinden, ob es noch woanders auf dem Mars Ablagerungen
wie diese gibt." Die Homestake-Ablagerungen, so die Ansicht der Forscher,
dürften durch Wasser entstanden sein, das Kalzium aus vulkanischem Gestein
gelöst hat. Dies hat sich dann mit Schwefel verbunden, der entweder als
vulkanisches Gas vorhanden war oder aus Gestein stammt. Es hat sich dann als
Kalziumsulfat in einem Riss im Untergrund abgesetzt und ist irgendwann an die
Oberfläche gelangt.
Auf seiner Fahrt durch die Meridiani-Ebene des Mars ist
Opportunity zahlreichen Gesteinstypen begegnet, die etwa aus Magnesium, Eisen
oder Kalziumsulfat bestanden und deren Entstehung auch mit Wasser in
Verbindung gebracht wird. Sie waren als Hinweis darauf gewertet worden, dass es
vor einigen Milliarden Jahren auf dem Mars einmal deutlich feuchter gewesen sein
muss. Die Homestake-Ablagerungen scheinen allerdings anders zu sein. "Sie könnten sich unter unterschiedlichen
feuchten Umweltbedingungen gebildet haben, die auch lebensfreundlicher für eine
größere Anzahl von lebenden Organismen gewesen wären", so Clark.
Frühere Ablagerungen deuten mehr auf eine eher saure Umgebung hin, während
die neu analysierten Funde für mehr neutrale Bedingungen sprechen. Sie befinden
sich in einer Region, in der das sulfatreiche Gestein der Ebene auf älteres
vulkanisches Gestein am Rand des Endeavour-Kraters trifft. Vielleicht liefert
diese Lage den Forschern weitere Hinweise, um hinter die Geschichte der
Ablagerungen zu kommen.
Opportunity hatte im April 2004 seine dreimonatige
Hauptmission abgeschlossen und erkundet seitdem weiter den Mars. Nach einer
langen Fahrt zum Endeavour-Krater hat der Rover im Sommer damit begonnen, den Rand des
Kraters zu untersuchen. Zur Zeit fährt er zu einem Hang am nördlichen Ende eines
Fragmentes des Kraterrandes, das Cape York getauft wurde. Hier, wo der Rover
seine Solarzellen gut zur Sonne ausrichten kann, soll Opportunity seinen fünften
Marswinter überstehen.
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