Hoffnung für russische Marssonde schwindet
von Stefan Deiters astronews.com
11. November 2011
Es sieht nicht gut aus für die russische Marsmond-Mission
Phobos-Grunt. Offenbar ist es den russischen Ingenieuren noch nicht
gelungen, Kontakt mit der im Erdorbit gestrandeten Sonde aufzunehmen. Und die
Zeit für eine Rettung wird langsam knapp: Schon bald könnte die Sonde nicht mehr
ausreichend Treibstoff für die Reise zum Mars haben.

Die Hoffnung,
dass Phobos-Grunt noch den Mars erreichen könnte,
schwindet.
Bild: Roskosmos / DLR |
Die Nachrichtenlage rund um die russische Marsmond-Mission
Phobos-Grunt ist noch immer unübersichtlich, doch zeichnet sich mehr und
mehr ab, dass nur noch unerschütterliche Optimisten an einen Erfolg der Mission
zu glauben scheinen. Man kann für die beteiligten Wissenschaftler nur hoffen,
dass diese Optimisten recht haben und die russische Improvisationskunst die
Marsmond-Mission wieder auf Kurs bringt.
Phobos-Grunt war, wie berichtet, am Dienstag an Bord einer Trägerrakete
vom Typ Zenit 2FG von Baikonur
aus gestartet. Zwar hatte sich nach rund elf Minuten die Trägerrakete wie vorgesehen von
Phobos-Grunt und der Antriebseinheit getrennt, doch zündete diese
Einheit später nicht, so dass sich Phobos-Grunt noch immer im
ursprünglichen niedrigen Erdorbit befindet, auf dem die Sonde in einer Höhe
zwischen 207 und 347 Kilometern um die Erde kreist.
Da es bislang keine Zündung der Antriebseinheit gegeben hat, befindet sich
noch der für einen Beschleunigung zum Mars nötige Treibstoff an Bord, so dass
man theoretisch einen zweiten Versuch machen könnte, um die Sonde doch noch auf
den Weg zum Mars zu bringen. Dazu muss man allerdings zunächst den Fehler
finden, ihn dann auch noch vom Boden aus korrigieren und - vor allem - mit der
Sonde kommunizieren können. Und genau hier scheint das Problem zu liegen. Nach
bislang vorliegenden Informationen hat die Sonde nämlich bis in die vergangenen
Nacht hinein nicht auf entsprechende Versuche zur Kontaktaufnahme reagiert,
obwohl der russischen Raumfahrtbehörde inzwischen auch die Antennen der
europäischen Weltraumagentur ESA in Australien und Südamerika zur Verfügungen
stehen.
Die Webseite RussianSpaceWeb berichtet von einer möglichen Ursache
für die Kommunikationsprobleme: Der externe Treibstofftank könnte die kleinere
der zwei vorhandenen Antennen abschirmen. Die zweite, größere Antennen hingegen
ist in dieser Missionsphase noch zusammengefaltet. Aus unbekanntem Grund sendet
die Sonde zudem keine Telemetrie-Daten zur Erde. Manche spekulieren, dass es ein
"Reset" des Bordcomputers gab und er sich jetzt praktisch in einem "Vor dem
Start"-Stadium befindet und auf ein Signal zum Start des Flugprogramms wartet.
Unklar ist auch, wie viel Zeit den russischen Ingenieuren noch bleibt,
Phobos-Grunt Richtung Mars zu beschleunigen. Auf jeden Fall ist es ein
Wettlauf mit der Zeit und dies gleich aus mehreren Gründen: Zum einen verringert
sich die Höhe der Sonde allmählich, so dass amerikanische Experten angeblich
bereits davon ausgehen, dass Phobos-Grunt schon in rund 14 Tagen in der
Atmosphäre verglühen könnte. Zum anderen benötigt man mit abnehmender Orbithöhe
auch immer mehr Treibstoff, um die Sonde ausreichend zu beschleunigen, doch
dieser Treibstoffvorrat ist begrenzt. Hinzu kommt, dass der Treibstoff für eine
bestimmte Konstellation von Erde und Mars berechnet war und man daher mit dem
Start nicht beliebig lange warten kann.
Update (11. November 2011, 19 Uhr): Inzwischen wurde
bekannt, dass es offenbar gar nicht vorgesehen war mit Phobos-Grunt in dieser
Missionsphase zu kommunizieren. Alle Bemühungen in diese Richtung waren also
improvisiert.
Update (12. November 2011, 20 Uhr): Auch die jüngsten
Versuche zur Kontaktaufnahme mit Phobos-Grunt waren nach einem Bericht
des RussianSpaceWeb erfolglos.
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