Klima sorgte für Bewegung der Kruste
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Oktober 2011
Auch die Oberfläche der Venus, heute eine regungslose Kruste, war einst
beweglich. Grund dafür war aber nicht Plattentektonik wie auf der Erde,
sondern das Klima auf unserem Nachbarplaneten. Dies ergaben jetzt
vorgestellte Modellrechnungen von Planetenforschern des DLR. Danach war
die Oberfläche der Venus einst so heiß, dass sie mobil wurde.

Simulation der heutigen Venusoberfläche
basierend auf Daten der NASA-Sonde Magellan.
Bild: NASA/JPL |
"Mit unseren Berechnungen haben wir einen Blick in die Vergangenheit der
Venus geworfen, als die Temperatur ihrer Oberfläche noch deutlich über
dem heutigen Wert von 470 Grad Celsius lag. Dabei sind wir auf einen
erstaunlichen Effekt gestoßen", so Lena Noack, Doktorandin am
DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. "Die Venuskruste
bleibt bei solchen Temperaturen nicht starr, sondern kommt an einigen
Stellen in Bewegung. Sie dehnt und streckt sich ohne zu zerbrechen, wie
bei einer Schokolade, die im Sommer etwas weich wird."
Die besonders hohen Temperaturen auf der Venus waren einem massiven
Treibhauseffekt zu verdanken, der sich später abschwächte. "Ein
besonders starker Treibhauseffekt kann die Regungslosigkeit einer
Planetenoberfläche überwinden. Wahrscheinlich ist genau das im Verlauf
der Venusgeschichte geschehen", so die Planetenforscherin. Die teilweise
Bewegung der Venuskruste erlaubte dem Venusinneren sogar, mehr Wärme
nach außen in die Atmosphäre abzugeben. Es kam zur Kühlung des
Venusmantels ähnlich der Kühlung des Erdinneren durch die
Plattentektonik.
Die Bewegungen der Venuskruste liefen vermutlich extrem langsam ab. "In
unseren Berechnungen erhielten wir meist nur eine Geschwindigkeit von
wenigen Millimetern im Jahr", erläutert Prof. Dr. Doris Breuer, Leiterin
der Abteilung Planetenphysik am DLR-Institut für Planetenforschung. "Die
Platten unserer Erde schieben sich dagegen mit einigen Zentimetern im
Jahr voran." Somit fanden die Planetenforscher zwischen der bisher
bekannten Plattentektonik auf der Erde und der starren Kruste des Mars
eine dritte Variante: "Wir verwenden dafür den Begriff lokale
Mobilisierung, da die Venuskruste nur an einigen Stellen des Planeten
und dazu sehr langsam von der darunterliegenden Schicht gezogen und
geschoben wurde", erklärt Noack.
Die im Fachmagazin Icarus veröffentlichten Forschungsergebnisse
sind im Rahmen der Forschungsallianz "Planetenentwicklung und Leben"
entstanden. Die Allianz wird von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren (HGF) gefördert. Die Federführung der Allianz liegt
beim DLR-Institut für Planetenforschung. "In dieser Allianz untersuchen
mehr als 150 Wissenschaftler außeruniversitärer Forschungseinrichtungen
sowie deutscher und internationaler Universitäten gemeinsam die
Entwicklung der Planeten und die sich daraus ergebenden Bedingungen,
unter denen Leben entsteht und überdauert", erklärt Prof. Dr. Tilman
Spohn, der wissenschaftliche Koordinator der Helmholtz-Allianz und
Direktor des DLR-Instituts für Planetenforschung. "Um diese Themen
umfassender zu erforschen, haben wir Vertreter verschiedener
Naturwissenschaften - wie Physiker, Geologen und Biologen - miteinander
vernetzt." Die Forschungsallianz besteht bereits seit 2008 und ist auf
fünf Jahre angelegt.
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