Zwei neue Kugelsternhaufen entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
19. Oktober 2011
Mit dem Infrarot-Surveyteleskop VISTA der europäischen
Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile haben Astronomen zwei neue
Kugelsternhaufen der Milchstraße entdeckt. Damit sind nun 160 dieser
eindrucksvollen Sternenbälle in unserer Heimatgalaxie bekannt. Außerdem spürten
die Forscher noch einen besonderen offenen Sternhaufen auf.

Vorteil Infrarot: Die gleiche Himmelsregion
im sichtbaren Bereich des Lichts (oben) und in
einer Infrarotaufnahme von VISTA (unten). Darauf
ist rechts der Kugelsternhaufen UKS 1 deutlich zu
erkennen. Links der neu entdeckte
Kugelsternhaufen VVV CL001.
Bild: ESO / D. Minniti / VVV Team und
Digitized Sky Survey 2 / Davide De Martin [Großansicht] |
Auf dem ersten heute von der europäischen Südsternwarte ESO
veröffentlichten Bild fällt sofort der eindrucksvolle Kugelsternhaufen UKS 1 auf
der rechten Bildhälfte auf, doch ist auf der Infrarotaufnahme des
VISTA-Teleskops noch ein weiterer, sehr viel unauffälliger Kugelsternhaufen zu
erkennen: VVV CL001, eine kleine Ansammlung von Sternen auf der linken Seite der
Aufnahme. Der neue Kugelsternhaufen wurde im Rahmen der Himmelsdurchmusterung
VISTA Variables in the Via Lactea (VVV) entdeckt, die mit dem
Infrarotteleskop VISTA des Paranal-Observatoriums durchgeführt wird. VISTA ist
das weltweit größte Teleskop für Himmelsdurchmusterungen.
Das gleiche Team hat gleich noch einen weiteren Kugelsternhaufen aufgespürt -
VVV CL002. Er ist heute als unser
Bild
des Tages zu sehen. Eventuell handelt es sich dabei um den Kugelsternhaufen
mit dem geringsten Abstand zum Zentrum der Milchstraße. Die Entdeckung neuer
Kugelsternhaufen der Milchstraße ist vergleichsweise selten: 2010 wurde zuletzt
ein neuer Kugelsternhaufen entdeckt, mit den beiden jetzt aufgespürten
Exemplaren bringt es das Kugelsternhaufensystem unserer Milchstraße nun auf 160
Objekte. Die meisten davon sind schon seit vielen Jahren bekannt.
Das VVV-Team hat im Rahmen ihres Projektes bereits zahlreiche bislang nicht
bekannte offene Sternhaufen entdeckt (astronews.com berichtete). Offene
Sternhaufen kommen häufiger vor, enthalten weit weniger Sterne als
Kugelsternhaufen und sind in der Regel auch deutlich jünger. Der neu aufgespürte
Sternhaufen VVV CL003 ist dennoch etwas Besonderes: Es scheint sich nämlich um
einen Sternhaufen zu handeln, der - von der Erde aus gesehen - direkt hinter dem
Zentrum der Milchstraße liegt, von diesem allerdings noch einmal 15.000
Lichtjahre entfernt ist. Es ist das erste Mal, dass es gelungen ist, einen
offenen Sternhaufen in diesem Bereich der Milchstraße zu entdecken. Das Licht
des Haufens musste erst Gas und Staub im Zentralbereich unserer Galaxie
durchdringen, um uns zu erreichen.
Das Infrarotteleskop VISTA ist für Entdeckungen dieser Art geradezu
prädestiniert: Der interstellare Staub sorgt nämlich dafür, dass die Haufen im
sichtbaren Bereich des Lichts äußerst lichtschwach sind und nur im Infraroten
aufgespürt werden können. Der auf den VISTA-Aufnahmen so brillante Sternhaufen
UKS 1 galt beispielsweise bislang als leuchtschwächster Kugelsternhaufen der
Milchstraße.
Nach Sichtung des Datenmaterials spekulieren die Astronomen inzwischen über
eine faszinierende Möglichkeit: VVV CL001 könnte gravitativ an UKS 1 gebunden
sein, womit die beiden Sternhaufen der ersten Doppel-Kugelsternhaufen der
Milchstraße wären. Die beiden Haufen könnten allerdings auch nur zufällig auf
einer Sichtlinie liegen und in Wirklichkeit weit voneinander entfernt sein.
Die jetzt veröffentlichten VISTA-Bilder wurden durch drei verschiedene
Infrarotfilter aufgenommen und diesen Daten dann unterschiedliche Farben
zugeordnet. Die Aufnahmen zeigen nur einen kleinen Bereich des tatsächlichen
Sichtfeldes des Teleskops.
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