Schwarzes Loch mit flackerndem Jet
von Stefan Deiters astronews.com
22. September 2011
Mithilfe des Wide-field Infrared Survey Explorer
(WISE) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA ist es Astronomen gelungen, die
Variabilität eines Jets zu verfolgen, der zu einem stellaren Schwarzen Loch in
rund 20.000 Lichtjahre Entfernung gehört. Die Untersuchung des Jets kann den
Forschern einiges über die extremen Bedingungen in der Nähe der Schwerkraftfalle
verraten.
So könnte es rund um das Schwarze Loch GX
339-4 aussehen.
Bild: NASA [Großansicht] |
Bei der Untersuchung von Schwarzen Löchern haben Astronomen ein
ganz fundamentales Problem: Man kann sie nicht sehen. Schwarze Löcher sind nun
einmal "schwarz", keine Strahlung, die etwas über sie verraten könnte, kann
ihnen entkommen. Doch zum Glück üben diese Schwerkraftfallen auch einen
erheblichen Einfluss auf ihre Umgebung aus und dies sorgt oft für extrem helle
Phänomene, deren Studium viel über die Schwarzen Löcher selbst verrät.
So verschwindet das Material, das in ein Schwarzes Loch fällt, nicht einfach
so in der Schwerkraftfalle, sondern sammelt sich zuvor in einem scheibenförmigen
Bereich um das Schwarze Loch, der sogenannten Akkretionsscheibe. Diese Scheibe
heizt sich in der Regel stark auf und sendet daher eine intensive Strahlung aus,
die beispielsweise im Röntgenbereich beobachtet werden kann. Ein Teil des
Materials der Scheibe wird zudem in eng gebündelten Teilchenstrahlen,
sogenannten Jets, mit oft nahezu Lichtgeschwindigkeit wieder ins All
geschleudert.
Doch gerade die hellsten Bereiche der Jets, nämlich ihre Basis, waren bislang
nur schwer zu untersuchen. Der im Infraroten beobachtende Wide-field
Infrared Survey Explorer der NASA erlaubte den Astronomen nun aber einen
neuen Blick auf diese faszinierende Region. Untersucht wurde dazu das bekannte
Schwarze Loch GX 339-4, das sich in etwa 20.000 Lichtjahre Entfernung in der
Nähe des Zentrums der Milchstraße befindet. Es handelt sich um ein stellares
Schwarzes Loch mit ungefähr der sechsfachen Masse der Sonne, das von einem
Begleitstern umrundet wird, von dem es ständig Material abzieht. Ein kleiner
Teil dieses Materials entkommt der Schwerkraftfalle wieder in Form eines Jets.
Doch dieser gebündelte Teilchenstrom scheint alles andere als regelmäßig zu
sein: "Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn die Sonne plötzliche Ausbrüche
durchmacht, bei denen sie innerhalb von wenigen Stunden dreimal heller würde, um
anschließend dann wieder mit normaler Helligkeit zu scheinen. Genau solche
Ausbrüche haben wir bei diesem Jet beobachtet", erläutert Poshak Gandhi von der
japanischen Raumfahrtagentur JAXA. Gandhi ist Erstautor eines Fachartikels über
die Beobachtungen, der in den Astrophysical Journal Letters erscheint.
"Dank des Infrarotblicks von WISE konnten wir erstmals in die innere Region zur
Basis dieses Jets hineinzoomen und die Physik des Jets in Aktion beobachten."
"Um die helle, flackernde Aktivität eines Schwarzen Lochs zu sehen, muss man
zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle schauen", erklärt Peter Eisenhardt,
der Projektwissenschaftler für WISE am Jet Propulsion Laboratory der
NASA. "WISE hat ein Jahr lang alle elf Sekunden empfindliche Infrarotaufnahmen
gemacht und dabei den gesamten Himmel erfasst, so dass es gelungen ist, dieses
seltene Ereignis einzufangen." Dies war nur möglich, weil WISE den selben
Bereich des Himmels gleich mehrfach beobachtet hat, um auf diese Weise
beispielsweise erdnahe Asteroiden aufzuspüren.
Die Ergebnisse hielten für die Wissenschaftler einige Überraschungen bereit:
Sie sahen gewaltige und unregelmäßige Fluktuationen in der Aktivität des Jets
auf Zeitskalen von elf Sekunden bis zu einigen Stunden. Dies deutet auf
Veränderungen der Größe der Basis des Jets hin. Diese hat nach Ansicht der
Forscher einen Radius von rund 24.000 Kilometern, verändert sich aber offenbar
um einen Faktor von zehn und mehr. "Wenn sie sich den Jet wie einen
Feuerwehrschlauch vorstellen, dann haben wir entdeckt, dass das Wasser nicht
stetig fließt und zudem die Dicke des Schlauchs stark variiert", vergleicht
Poshak.
Mit den neuen Daten konnten die Astronomen auch die bislang beste Messung des
Magnetfelds des Schwarzen Lochs machen, das etwa 30.000-mal stärker ist, als das
Magnetfeld der Erde. Ein so starkes Magnetfeld ist nötig, um die Partikel zu
einem engen Jets zu bündeln und zu beschleunigen. Dank der neuen Daten von WISE
hoffen die Forscher nun, die Vorgänge in der Umgebung von Schwarzen Löchern bald
besser verstehen zu können.
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