NASA bereitet unbemannten Betrieb vor
von Stefan Deiters astronews.com
31. August 2011
NASA-Ingenieure denken gegenwärtig darüber nach, wie sich
die Internationale Raumstation ISS mehrere Monate lang unbemannt betreiben
lässt. Dies könnte nötig werden, falls es der russischen Weltraumbehörde nicht
gelingt, die Sojus-Flüge rechtzeitig wieder aufzunehmen. Am 24. August
war der Sojus-Start eines unbemannten Progress-Raumfrachters
fehlgeschlagen.
Ab November ohne Besatzung? Blick auf die
Internationale Raumstation ISS im Juli 2011.
Foto:
NASA |
Manche beschlich ein ungutes Gefühl, als im Juli zum letzten Mal
eine amerikanische Raumfähre die Internationale Raumstation ISS besuchte und das
amerikanische Space Shuttle-Programm anschließend eingestellt wurde.
Für einige Jahre stehen seitdem nämlich nur noch die russischen Sojus-Kapseln
zur Verfügung, um Astronauten zur ISS und wieder zurück zur Erde zu bringen. Die
Versorgung der ISS wird zunächst durch russische Progress-Raumfrachter,
die europäischen ATV und die japanischen HTV sichergestellt.
Wie gefährlich es sein kann, sich in Sachen ISS-Besatzungswechsel nur auf ein
Transportsystem zu verlassen, könnte sich nun früher zeigen als wohl selbst die
Skeptiker erwartet hatten: Diese befürchteten vor allem, dass Russland seine
Monopolstellung in der bemannten Raumfahrt ausnutzen könnte. Damit aber, dass
die als außerordentlich zuverlässig geltenden Sojus-Raumschiffe
plötzlich aus technischen Gründen nicht mehr zur Verfügung stehen, hatte wohl
niemand ernsthaft gerechnet.
Doch genau dies könnte nun passieren: Nachdem der Start eines Progress-Raumfrachters
zur ISS mit einer Sojus-Trägerrakete am 24. August fehlgeschlagen ist,
wurden von der russischen Raumfahrtbehörde zunächst alle Sojus-Starts
gestoppt. Wann der nächste Start einer Sojus-Rakete stattfinden kann,
steht derzeit noch nicht fest, es gibt aber vorläufige Pläne, die Starts im
Oktober mit unbemannten Missionen wieder aufzunehmen.
Damit könnte die nächste Besatzung im November zur ISS starten. Bislang
allerdings ist die Untersuchung der Unfallursache noch nicht abgeschlossen, so
dass zumindest fraglich ist, ob der in Aussicht genommene Zeitplan auch
tatsächlich eingehalten werden kann. Sollten die Sojus-Raumschiffe auch
im November noch am Boden bleiben, müsste die Internationale Raumstation
eventuell für einige Monate unbemannt betrieben werden. Nach rund elf Jahren
wäre damit die permanente Präsenz von Menschen im Erdorbit zunächst beendet.
Bei der NASA denkt man gegenwärtig die möglichen Szenarien des Betriebs einer
unbemannten Raumstation durch. "Es gibt ein größeres Risiko die ISS zu
verlieren, wenn sie unbemannt ist", zitiert die Webseite Spaceflight Now
den NASA-Programmmanager für die ISS, Michael Suffredini. "Die Zunahme dieses
Risikos ist nicht zu vernachlässigen." Wenn es zu keinen ungewöhnlichen
Ereignissen kommt, sollte sich die ISS aber auch für längere Zeit unbemannt
betreiben lassen, falls die Besatzung vor Verlassen der Station bestimmte
Vorkehrungen trifft, die gerade ausgearbeitet werden: "Solange die Systeme
funktionieren, können wir die Station unbegrenzt lange vom Boden aus steuern und
im Orbit halten."
Drei ISS-Besatzungsmitglieder sollten eigentlich am 8. September zur Erde
zurückkehren, werden ihren Aufenthalt aber nun vermutlich um etwas mehr als eine
Woche verlängern. Bei einer Rückkehr nach dem 19. September wäre eine Landung in
Kasachstan nur bei Nacht möglich, was die Verantwortlichen gerne vermeiden
würden. Erst Ende Oktober gäbe es dann wieder Landemöglichkeiten bei Tag, die
Sojus-Kapsel hätte dann aber ihre maximal vorgesehene Lebensdauer fast
erreicht, so dass eine Rückkehr Mitte September wahrscheinlich ist.
Die verbleibenden drei Astronauten sollen nach den gegenwärtigen Planungen
Mitte November 2011 zur Erde zurückkehren - zum Ende der kommenden Periode von
Landemöglichkeiten bei Tageslicht. Eine Rückkehr zu diesem Zeitpunkt sei nach
Angaben von Suffredini auch nötig, um eine Landung im eisigen kasachischen
Winter zu vermeiden. Würde es bis dahin nicht gelingen, eine neue Besatzung mit
einer Sojus-Rakete zu starten, müsste die ISS zunächst unbemannt
weiterbetrieben werden, was natürlich auch erheblichen Einfluss auf das
wissenschaftliche Programm an Bord der ISS hätte.
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