96 verborgene Sternhaufen entdeckt
von Stefan Deiters astronews.com
3. August 2011
Mithilfe des Infrarot-Surveyteleskops VISTA haben
Astronomen 96 bislang unbekannte offene Sternhaufen entdeckt, die in der
Milchstraße hinter dichtem Staub verborgen waren. Erst die empfindlichen
Infrarot-Detektoren des weltgrößten Teleskops dieser Art konnten die
lichtschwachen Objekte aufspüren. Und vermutlich gibt es noch viel mehr
unentdeckte Sternhaufen.
Ein Mosaik aus 25 der insgesamt 96 jetzt
entdeckten offenen Sternhaufen.
Bild: ESO / J. Borissova [Großansicht] |
"Diese Entdeckung macht deutlich, welches Potential VISTA und das
VISTA Variables in the Via Lactea (VVV)-Programm für das Aufspüren von
Sternhaufen haben, insbesondere von solchen, die sich in staubigen
Sternentstehungsregionen in der Scheibe der Milchstraße verstecken", meint Jura
Borissova von der Universidad de Valparaíso in Chile, die Hauptautorin
der jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics vorgestellten
Studie. Das VVV-Programm ist eine von sechs großen öffentlichen
Himmelsdurchmusterungen, die mit dem VISTA-Teleskop auf dem Gipfel des Paranal
in Chile durchgeführt werden. Das Programm startete vor etwa einem Jahr.
Astronomen gehen heute davon aus, dass die meisten Sterne ab etwa einer
halben Sonnenmasse in Gruppen von Sternen, sogenannten offenen Sternhaufen,
entstehen. Diese stellen somit die Grundbausteine von Galaxien dar, weswegen ihr
Studium auch einiges über die Entstehung und Entwicklung unserer Milchstraße
verrät. Die Untersuchung von offenen Sternhaufen ist allerdings nicht immer
einfach, da sie sich bevorzugt in sehr staubigen Regionen befinden. Der Staub
aber streut und absorbiert einen großen Teil des sichtbaren Lichtes und macht
die Haufen daher in diesem Wellenlängenbereich praktisch unsichtbar.
Das 4,1-Meter-Infrarot-Teleskop VISTA hat da einen entscheidenden Vorteil: Im
Infraroten lässt sich quasi durch den Staub hindurchschauen. Die Sternhaufen
werden so sichtbar. "Um die jünsten entstandenen Sternhaufen zu finden, haben
wir uns bei der Suche auf bekannte Sternentstehungsregionen konzentriert. Und in
Regionen, die bei früheren Himmelsdurchmusterungen im sichtbaren Bereich des
Lichtes leer aussahen, kamen dank der empfindlichen Infrarot-Detektoren von
VISTA unzählige neue Objekte zum Vorschein", so Dante Minniti von der
Pontificia Universidad Católica in Chile und der University of
Cincinnati in den USA , der für das VVV-Programm verantwortliche
Wissenschaftler.
Mit Hilfe einer speziellen Software haben die Wissenschaftler aus den Daten
die Vordergrundobjekte herausgefiltert, so dass sie die Anzahl der Sterne eines
jeden Haufens bestimmen konnten. Anschließend stellten sie auf den Bildern die
Größe der Haufen fest und ermittelten für die Haufen mit einer größeren Anzahl
von Sternen weitere Daten wie ihre Entfernung oder ihr Alter. "Die meisten
Haufen waren sehr klein und bestanden nur aus zehn bis 20 Sternen", erläutert
Teammitglied Radostin Kurtev von der Universidad de Valparaíso. "Im
Vergleich zu typischen offenen Sternhaufen handelt es sich um sehr lichtschwache
und kompakte Objekte - der Staub vor diesen Sternhaufen macht sie im Optischen
etwa 10.000- bis 100-Millionen-mal lichtschwächer. Da wundert es nicht, dass sie
so lange verborgen geblieben sind."
Seit der Antike hat man nur rund 2.500 offene Sternhaufen in der Milchstraße
gefunden. Astronomen schätzen aber, dass es insgesamt bis zu 30.000 dieser
Objekte geben sollte und sich damit noch sehr viele hinter Staub und Gas
verbergen. Auch die 96 nun entdeckten Haufen könnten daher nur die
sprichwörtliche Spitze des Eisbergs sein: "Wir haben gerade damit begonnen eine
noch raffiniertere automatische Software zu verwenden, die nach weniger
konzentrierten und älteren Haufen suchen soll", so Borissova. "Ich bin sicher,
dass wir bald noch zahlreiche weitere entdecken werden."
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