Zeitabhängige Schwerefeldvariationen
Redaktion
/ Pressemitteilung des GeoForschungsZentrums GFZ Potsdam astronews.com
30. Juni 2011
Die als Potsdamer Schwerekartoffel bekannt gewordene Darstellung der
irdischen Anziehungskraft erlaubt jetzt erstmals die Darstellung
zeitlich veränderlicher Schweregrößen. Die jahreszeitlichen Schwankungen
des Wasserhaushalts der Kontinente oder abschmelzende oder zunehmende
Eismassen, also klimarelevante Größen, gehen dazu in die Modellierung
des Erdschwerefeldes ein.
Die aktuelle Version der Potsdamer
Schwerekartoffel.
Bild: GFZ |
"EIGEN-6C" nennt sich dieses neueste globale Schwerefeldmodell des
Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ. Es wurde kürzlich in Potsdam in
Zusammenarbeit mit der Groupe de Recherche de Géodésie Spaciale
aus Toulouse berechnet. Diesem neuen Schwerefeldmodell liegen Messungen
der Satelliten LAGEOS, GRACE und GOCE zugrunde. Diese wurden mit
Schweremessungen am Boden und Messwerten der Satelliten-Altimetrie
kombiniert. EIGEN-6C besitzt eine räumliche Auflösung von etwa 12
Kilometern. Das ist gegenüber der letzten Ausgabe der Potsdamer
Kartoffel eine vierfache Steigerung.
"Von ganz besonderer Bedeutung ist die Einbeziehung von Messungen des
Satelliten GOCE, aus denen das GFZ ein eigenes Schwerefeld berechnet
hat", sagt dazu Dr. Christoph Förste, der zusammen mit seinem Kollegen
Dr. Frank Flechtner die Schwerefeld-Arbeitsgruppe am GFZ leitet. Die
ESA-Mission GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation
Explorer) wurde Mitte März 2009 gestartet und vermisst das
Schwerefeld der Erde seither mit dem Verfahren der
Satellitengradiometrie (astronews.com berichtete). "Dies ermöglicht die
Vermessung der Schwerkraft in schwer zugänglichen Regionen mit bis dahin
unerreichter Genauigkeit, zum Beispiel in Zentralafrika und im
Himalaja", so Flechtner.
Aber auch die Vermessung des Erdschwerefeldes in den Weiten der
Weltmeere lässt sich mit GOCE um ein Vielfaches genauer durchführen als
mit vorangegangenen Satellitenmissionen wie dem GFZ-CHAMP und GRACE.
Dies gestattet etwa eine genauere Bestimmung der sogenannten dynamischen
Meerestopographie, also der Abweichung der Meeresoberfläche vom
Gleichgewicht gegenüber der Schwerkraft. Diese Meerestopographie wird
ganz wesentlich von Meeresströmungen bestimmt. Deshalb sind die mit
GOCE-Messungen berechneten Schwerefeldmodelle von großem Interesse für
die Ozeanographie und die Klimaforschung.
Neben GOCE wurden im neuen EIGEN-6C auch langjährige Messdaten der
Doppelsatelliten-Mission GRACE (Gravity Recovery and Climate
Experiment) des GFZ einbezogen. GRACE ermöglicht die Bestimmung
großräumiger zeitlicher Veränderungen im Schwerefeld, die etwa durch
klimabedingte Massenumlagerungen auf der Erdoberfläche verursacht
werden. Dazu gehören das Abschmelzen großer Gletscher in den
Polargebieten und die jahreszeitlichen Schwankungen der in großen
Flusssystemen gespeicherten Wassermengen. Mit GRACE bestimmte zeitliche
Schwereänderungen sind im EIGEN-6C Modell enthalten. Deshalb ist die
neue Potsdamer Kartoffel zum ersten Mal kein fester Körper mehr sondern
eine sich zeitlich ändernde Fläche. Gerade um diese klimarelevanten
Prozesse langzeitig erfassen zu können, ist nach Ansuceine Folgemission
für die etwa 2015 endende GRACE-Mission dringend erforderlich.
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