Eine neue Klasse explodierender Sterne
von
Rainer Kayser
9.
Juni 2011
Mithilfe eines automatischen Teleskops, das den Himmel nach
kurzzeitig aufleuchtenden Strahlungsquellen absucht, könnten amerikanische
Astronomen auf eine neue Art von explodierenden Sternen gestoßen sein. Sie
leuchten etwa zehnmal heller als normale Supernovae und erlauben den Astronomen
damit auch noch die Untersuchung weit entfernter Bereiche des Universums.

Die vier von der Palomar Transient Factory
entdeckten Supernovae. Links vor der Explosion,
rechts danach. Es handelt sich (von oben nach
unten) um die Supernovae PTF09atu, PTF09cnd,
PTF09cwl, und PTF10cwr.
Bild: Caltech / Robert Quimby /
Nature |
Bei einer automatischen Durchmusterung des Himmels ist ein internationales
Forscherteam auf eine neue Art von Supernovae gestoßen. Die explodierenden
Sterne sind zehnmal heller als normale Supernovae. Ihre Strahlung muss daher
auch durch andere physikalische Prozesse als bei den bislang bekannten
Sternexplosionen produziert werden. Durch ihre große Helligkeit eignen sich die
neuen Supernovae besonders gut als Lichtquellen zur Durchleuchtung und
Erforschung ferner kosmischer Regionen, schreiben die Wissenschaftler in der
Online-Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.
Robert Quimby vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen stießen im Rahmen des Projekts
Palomar Transient Factory auf die neuartigen Himmelsobjekte. Ein automatisches Teleskop sucht dabei den Himmel nach vorübergehend aufleuchtenden Strahlungsquellen - im Fachjargon
"Transients" genannt - ab. Über tausend Supernovae haben die Himmelsforscher auf diese Weise bereits aufgespürt. Supernovae sind Sterne, die am Ende ihres Lebens in einer gewaltigen Explosion vergehen, nachdem sie ihren nuklearen Energievorrat verbraucht haben.
Vier dieser Sternexplosionen unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht von den anderen Supernovae, berichten Quimby und sein Team. Neben ihrer ungewöhnlichen Helligkeit weisen sie eine starke ultraviolette Strahlung auf. Zudem unterscheiden sie sich in ihrer chemischen Zusammensetzung von anderen Sternexplosionen - es findet sich keine Spur von Wasserstoff und auch schwere Elemente wie Kalzium und Eisen fehlen.
Bei den bislang bekannten Supernovae entsteht die Strahlung durch mehrere physikalische Prozesse: den radioaktiven Zerfall frisch produzierter Elemente, die Stoßwelle der Explosion in der äußeren Hülle des sterbenden Sterns und die Wechselwirkung der herausgeschleuderten Materie mit dem umgebenden Gas. Doch alle diese Vorgänge können die charakteristischen Eigenschaften der neuen Supernovae nicht erklären, stellen Quimby und seine Kollegen fest.
Als mögliche Alternative präsentieren die Forscher die Explosion extrem massereicher Sterne mit der 90- bis 130-fachen Masse unserer Sonne.
Solche Sterne durchlaufen vor ihrer Explosion heftige Pulsationen, bei denen sie mit hoher Geschwindigkeit Teile ihrer Außenhülle abstoßen. Der Zusammenprall der Explosionstrümmer mit dieser sich schnell bewegenden Materie könnte, so die Wissenschaftler sowohl die extreme Helligkeit als auch die anderen Eigenschaften der Objekte erklären.
Unabhängig von einer Erklärung des Phänomens sind die neuen Supernovae für die Astronomen ein Glücksfall: Mit ihrer großen Helligkeit können sie noch über Entfernungen von bis zu zwölf Milliarden Lichtjahren wahrgenommen werden. Auf seinem Weg zu uns durchquert das Licht dieser Supernovae Gaswolken und Galaxien und erlaubt so die Untersuchung weit entfernter, ansonsten unsichtbarer Objekte.
|