Gewaltiger Sturm auf dem Ringplaneten
von
Rainer Kayser
23.
Mai 2011
Anfang des Jahres tobte auf dem Ringplaneten Saturn ein
gewaltiger Sturm. Das Wetterphänomen, zu dem es ungefähr alle 30 Jahre in
der Atmosphäre des Gasriesen kommt, konnte jetzt erstmals mit Hilfe moderner
Technik untersucht werden - mit dem Very Large Telescope der
Europäischen Südsternwarte ESO und der Saturnsonde Cassini.
Der Saturn auf einer optischen Aufnahme von der
Erde
aus (links) und zwei mit dem VLT im Infraroten
gewonnene Bilder. Auf der rechten Aufnahme ist
ein "stratosphärisches Leuchtfeuer" zu erkennen
(siehe Gesamtansicht].
Bild: ESO / University of
Oxford / L. N. Fletcher / T. Barry [vergrößerte
Gesamtansicht] |
Zur Jahreswende 2010/2011 tobte auf der Nordhalbkugel Saturns ein gewaltiger Sturm. Derartige Monsterstürme treten im Durchschnitt alle 30 Jahre auf, insgesamt haben die Astronomen bislang sechs derartige Ereignisse beobachtet. Jetzt konnten die Planetenforscher ein solches Wetterphänomen erstmals mit moderner Technik - den Detektoren der Raumsonde
Cassini und den infrarotempfindlichen Teleskopen der Europäischen Südsternwarte ESO beobachten. Im Fachblatt
Science
berichten die Wissenschaftler über die Ergebnisse ihrer Messungen, die neue Einblicke in Entstehung und Entwicklung der gewaltigen Stürme geliefert haben.
"Alle früheren Untersuchungen solcher Stürme haben ausschließlich sichtbares Licht erfasst, nämlich das vom Saturn reflektierte Sonnenlicht", erklärt Leigh Fletcher von der
University of Oxford, einer der beteiligten Forscher. "Mithilfe der
Infrarotstrahlung konnten wir diesmal viel tiefer in die Atmosphäre schauen und
die gravierenden Temperaturänderungen und Windgeschwindigkeiten des Sturms
messen."
Der Sturm begann im Dezember 2010 mit einem großen, heftigen und komplexen Ausbruch von hell leuchtendem Wolkenmaterial, berichten Fletcher und seine Kollegen. Im Verlauf mehrerer Wochen hat sich dieses Material so
weit verteilt, dass es den gesamten Planeten umringt. Die neuen Messungen zeigen, dass der Sturm vermutlich in tief liegenden Wolkenschichten aus Wasserdampf beginnt.
Ähnlich wie bei einem irdischen Gewitter bildet sich dort eine starke Luftströmung: Wärmere Gasmassen aus tiefer liegenden Schichten der Atmosphäre drängen nach oben und durchdringen dabei die sonst ruhigen äußeren Atmosphärenschichten. Diese gewaltigen Störungen treten dann mit den ostwärts und westwärts gerichteten Winden der oberen Atmosphäre in Wechselwirkung und führen dort zu merklichen Temperaturänderungen.
Die Infrarot-Daten des Very Large Telescopes der ESO zeigen auch einige unerwartete Erscheinungen, darunter
"stratosphärische Leuchtfeuer".
Dabei handelt es sich um starke Temperaturschwankungen hoch in der Stratosphäre Saturns, die sich etwa 250 bis 300 Kilometer über der Wolkendecke der unteren Atmosphärenschichten befinden und damit zeigen, bis in welch große Höhe die Auswirkungen des Sturms reichen. Die Temperatur in der Stratosphäre Saturns beträgt zu dieser Jahreszeit normalerweise etwa -130 Grad Celsius, die Leuchtfeuer dagegen sind 15 bis 20 Grad wärmer.
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