Erste Sonde im Orbit um Merkur
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
18. März 2011
In der vergangenen Nacht ist zum ersten Mal eine Raumsonde in die Umlaufbahn des Merkur eingeschwenkt:
Die NASA-Sonde MESSENGER umkreist seit 1.45 Uhr MEZ den Planeten. Mit an
Bord sind wissenschaftliche Instrumente, mit denen der Merkur gründlich
untersucht werden soll. Auf deren Daten warten auch Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR),
die an der Mission beteiligt sind.
MESSENGER umrundet als erste Sonde den
sonnennächsten Planeten.
Bild: NASA |
Noch birgt der Merkur zahlreiche Geheimnisse: Das Innere des Planeten besteht aus einem Eisenkern, der lediglich von einer dünnen Gesteinskruste und einem vergleichsweise dünnen Mantel umhüllt wird. Der kleinste der erdähnlichen Planeten hat somit eine außergewöhnlich hohe Dichte - wie Merkur seine leichten Bestandteile verlieren konnte, ist bisher nicht bekannt. Auch das Magnetfeld, das den Planeten umgibt, stellt die Wissenschaftler vor Fragen.
Dass sich am Boden der Kratermulden an den Polen gefrorenes Eis befindet, ist bisher nur eine unbestätigte Vermutung der Forscher.
"Der Merkur ist ein sehr extremer, sehr ungewöhnlicher Planet", sagt Prof. Tilman Spohn vom DLR-Institut für Planetenforschung.
"Er funktioniert innen wie die Erde und scheint die Eigenschaften eines
jungen, dynamischen Planeten zu haben, außen sieht er wie der nahezu
inaktive, alte Mond aus - das ist ein Widerspruch, den wir gerne
auflösen möchten."
Schon alleine das Einschwenken in den Orbit um den Merkur war ein kompliziertes Manöver.
"Die große Schwerkraft der Sonne machte es dem Raumfahrzeug schwer, sich vom kleinen Schwerefeld des Merkur einfangen zu lassen. Außerdem muss die Sonde extreme Temperaturunterschiede und eine sehr hohe Strahlenbelastung aushalten",
erklärt Planetenforscher Spohn. 600 Kilogramm Treibstoff verbrannte MESSENGER, um in die Umlaufbahn zu gelangen.
"Nicht nur dieses Manöver, die ganze Mission wird zu einem Härtetest für die Experimente".
Sieben Instrumente und ein Radiowellen-Experiment sollen den Forschern Antworten auf ihre Fragen geben und den Planeten
detailliert untersuchen. So erhofft sich beispielsweise der DLR-Planetenforscher
Dr. Jörn Helbert von einem Spektrometer für ultraviolettes, sichtbares und infrarotes Licht (MASCS,
Mercury Atmospheric and Surface Composition Spectrometer) Aufschluss über die Gesteinszusammensetzung des Merkur.
"Seit der ersten Minute im Orbit sendet das Spektrometer Daten", sagt Helbert. "Wir beginnen jetzt direkt mit der Auswertung dieser Messungen". Um die aufgezeichneten Spektrometer-Daten möglichst schnell verarbeiten zu können, entwickelten die DLR-Wissenschaftler eine neue Software für die Mission zum Merkur.
Für die Erkenntnisse aus dem Weltall ist gleichzeitig aber auch Arbeit auf dem Boden notwendig. In seinem weltweit einzigartigen Hochtemperatur-Spektroskopielabor am DLR-Institut für Planetenforschung will Helbert, der in der Arbeitsgruppe Geologie im amerikanischen
MESSENGER-Team arbeitet, dafür eine Umgebung wie auf dem Merkur schaffen: "Wir planen Messungen an Gesteinen unter den extremen Bedingungen, die auf der Merkuroberfläche bei 430 Grad Celsius herrschen", erklärt der Planetenforscher. Die Werte aus dem Labor kann Helbert dann mit den Spektrometer-Daten der
MESSENGER-Sonde vergleichen. Erst dann kann der DLR-Wissenschaftler von den Daten aus dem Weltraum auf die Zusammensetzung der Merkuroberfläche schließen.
Zudem wird die Stereo-Kamera MDIS (Mercury Dual Imaging System) nahezu die gesamte Oberfläche des Merkur dreidimensional abbilden. Die ersten Bilder werden allerdings noch ein wenig auf sich warten lassen:
"Erst einmal muss die Optik vor der heißen Umgebung geschützt werden, bis die flüchtigen Elemente, die sich während des jahrelangen Anflugs auf der Raumsonde angesammelt haben, verdampft sind", erklärt Prof. Jürgen Oberst vom DLR-Institut für Planetenforschung, der Mitglied im
MESSENGER-Team Geodäsie und Geophysik ist. In der Kombination mit einem Laser-Höhen-Altimeter wird die Kamera dann Form und Größe des Merkur präzise vermessen. Große Areale konnten bereits bei drei Vorbeiflügen der Sonde aufgezeichnet werden, die Aufnahmen aus der Umlaufbahn werden die letzten noch verbliebenen Flecken auf der Merkur-Landkarte abdecken.
Die Daten weiterer Instrumente sollen den anderen Geheimnissen des Merkur auf die Spur kommen: Das Röntgenstrahlenspektrometer XRS (X-Ray Spectrometer) sowie das Gammastrahlen- und Neutronenspektrometer GRNS (Gamma-Ray and Neutron Spectrometer) bestimmen mit hoher Genauigkeit die mineralogische Zusammensetzung der Oberfläche. Zudem trägt
MESSENGER ein Magnetometer (MAG) an Bord. Dieses vermisst das noch in vielen Details unbekannte Magnetfeld des Merkur.
Das Energetic Particle and Plasma Spectrometer (EPPS) detektiert geladene Teilchen in der Magnetosphäre und Exosphäre. Schließlich wird im Rahmen des Radio-Wellen Experiments (RS) die Lage und Geschwindigkeit der Sonde anhand des Funkverkehrs zwischen Erde und Merkurorbit hochpräzise vermessen. Aus diesen Daten werden die Wissenschaftler das Gravitationsfeld Merkurs genauer bestimmen.
"Der Merkur ist in unserem Sonnensystem der einzige noch nicht genau erforschte
Planet", betont DLR-Planetenforscher Prof. Tilman Spohn. So gibt es auch bereits
Pläne für eine weitere Mission zum Merkur. 2014 soll BepiColombo als gemeinsames Projekt der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA und der japanischen Weltraumagentur JAXA zum Merkur fliegen. Das DLR wird erneut mit einem Infrarot-Spektrometer und einem Laser-Höhenmessgerät beteiligt sein.
BepiColombo wird vor allem die Gegenden auf dem Merkur besser erforschen, die
MESSENGER aufgrund des Orbits nicht in nicht so hoher Auflösung erfassen kann. "Für diese Mission hat
MESSENGER die Pfadfinder-Funktion und liefert erste Ergebnisse", sagt Spohn. "Aber jetzt beginnt zunächst einmal die Krönung der
MESSENGER-Mission, indem wir mit der Sonde nur noch rund 200 Kilometer über der
Merkur-Oberfläche fliegen."
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