47 Galaxien und die Dunkle Materie
von
Rainer Kayser
1.
März 2011
Bei einer Untersuchung von 47 gasreichen Galaxien wurde
jetzt festgestellt, dass ihr Rotationsverhalten mit ihrer sichtbaren Masse
korreliert. Dies widerspricht der aktuellen Ansicht der meisten Astronomen, nach
der Galaxien überwiegend aus Dunkler Materie bestehen. Gleichzeitig bestätigt es
die Vorhersage einer alternativen Gravitationstheorie.
Die gasreiche
Galaxie F549-1.
Bild: Zagursky
& McGaugh / Eurekalert |
Die Rotation gasreicher Galaxien lässt sich durch einen einfachen Zusammenhang
mit der Masse des Sternsystems beschreiben. Das zeigen Messungen an 47 Galaxien,
die ein amerikanischer Astronom demnächst im Fachblatt Physical Review Letters präsentiert. Ein derartiger Zusammenhang ist im Standardmodell der Kosmologie, in dem Galaxien überwiegend aus Dunkler Materie bestehen, nicht zu erwarten. Die beobachtete Korrelation ist jedoch eine natürliche Vorhersage einer umstrittenen alternativen Theorie für die Schwerkraft, der modifizierten Newtonschen Dynamik, kurz MOND.
"Möglicherweise existiert keine Dunkle Materie", schließt Stacy McGaugh von der
University of Maryland. Wenn doch, so der Forscher, sei es eine Herausforderung, die beobachtete Korrelation zu erklären - denn sie sei
keine natürliche Konsequenz des Standardmodells. Gemäß dieser von der
Mehrheit der Astronomen vertretenen Vorstellung ist rund 80 Prozent der Masse im Universum unsichtbar. Diese Dunkle Materie besteht aus bislang unbekannten Elementarteilchen, die mit normaler, sichtbarer Materie nur über die Schwerkraft wechselwirken.
Bereits 1983 schlug der israelische Physiker Mordehai Milgrom mit seiner MOND-Theorie eine Alternative zur Dunklen Materie vor. Kern von MOND ist die Annahme, dass die Gravitation bei sehr schwachen Beschleunigungen stärker ist als vom Newtonschen Gravitationsgesetz vorhergesagt - und damit insbesondere in den Außenbereichen von Galaxien mehr Masse vortäuscht. Bisherige Versuche, MOND durch Beobachtungen zu überprüfen, orientierten sich an der in Form von Sternen vorliegenden sichtbaren Masse von Galaxien. Doch die Masse von Sternen lässt sich nur schwer anhand ihrer Strahlung abschätzen. Dadurch waren diese Messungen ungenau und angreifbar.
McGaugh ist diesem Problem nun dadurch ausgewichen, dass er Galaxien ausgewählt hat, deren Masse nicht von den Sternen, sondern vom Wasserstoff-Gas dominiert wird. Die Masse dieses Gases lässt sich direkt messen und liefert deshalb wesentlich genauere Ergebnisse. Für die untersuchten 47 Sternsysteme findet der Forscher eine starke Korrelation der Galaxienmasse mit der Rotation in den Außenbereichen. Das Entscheidende an McGaughs Arbeit sei nicht, dass sie einen Beweis für MOND liefere, betont der Astrophysiker Jerry Sellwood von der
Rutgers University in New Jersey in der Online-Ausgabe von Science, sondern dass sie auf ein Phänomen hinweist, das sich mit Dunkler Materie nicht erklären lässt.
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