Neuer Blick auf den Nordamerikanebel
von Stefan Deiters astronews.com
11. Februar 2011
Der Nordamerikanebel NGC 7000 hat im sichtbaren Bereich des
Lichts eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem nordamerikanischen Kontinent. Durch
die Augen des Infrarotweltraumteleskops Spitzer ergibt sich allerdings
ein ganz anderes Bild. Der Kontinent verschwindet und stattdessen kommen
unzählige junge Sterne zum Vorschein.
Das Aussehen des Nordamerikanebels (NGC 7000)
ändert sich deutlich, wenn man ihn in
verschiedenen Wellenlängenbereichen betrachtet:
Oben links eine Aufnahme im sichtbaren Bereich
des Lichts, oben rechts kommen dann Infrarotdaten
dazu, unten sind ausschließlich verschiedene
Infrarotwellenlängen zu sehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech / L. Rebull
(SSC/Caltech) (Infrarot), DSS / D. De Martin
(optisch) [Großansicht]
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"Was mich an diesem Bild so fasziniert, ist, dass es sich so
deutlich von einer Aufnahme im sichtbaren Bereich des Lichts unterscheidet und
wir im Infraroten so viel mehr sehen können", freut sich Luisa Rebull vom
Spitzer Science Center der NASA am California Institute of Technology
im kalifornischen Pasadena. Rebull ist auch Erstautorin eines Fachartikel, der
demnächst in der Astrophysical Journal Supplement Series erscheinen
wird. "Die Spitzer-Aufnahmen verraten uns eine Menge über den Staub und
die jungen Sterne in der Region."
Rebull und ihr Team haben hier mehr als 2.000 neue Kandidaten für junge
Sterne entdeckt. Zuvor waren nur rund 200 solcher Objekte bekannt. Da sich junge
Sterne meist hinter einem Schleier aus Staub verstecken, sind sie im sichtbaren
Bereich des Lichts nicht zu sehen. Spitzer kann allerdings im
Infraroten das Leuchten des Staubs erkennen.
Sterne entstehen aus einem kollabierenden Nebel aus Gas und Staub. Während
des Kollaps bildet sich um den sich immer weiter zusammenziehenden Stern eine
Scheibe aus Gas und Staub, die sich wie ein Kreisel mit der neu entstandenen
Sonne dreht. Senkrecht dazu werden enggebündelte Gasströme, sogenannte Jets ins
All abgestoßen. Mit der Zeit beruhigt sich aber das junge System und in der
Scheibe können sich Planeten bilden. Der Staub verschwindet schließlich
größtenteils.
Auf der Spitzer-Aufnahme lassen sich Sterne in all diesen
verschiedenen Phasen finden. "In dieser Region des Himmels gibt es sehr viel zu
sehen, sowohl im Nordamerika-Komplex selbst als auch davor und dahinter",
erklärt Rebull. "Wir bezeichnen Sterne, die nichts mit der Region zu tun haben
als Verschmutzung. Mit Spitzer können wir diese leicht erkennen und so
zwischen jungen Sternen im Nebel und älteren Sternen unterscheiden, die nichts
damit zu tun haben."
Ein Geheimnis hat sich der Nordamerikanebel allerdings bewahrt: Niemand hat
bislang die Gruppe von massereichen Sternen entdeckt, die vermutlich den Nebel
zum Leuchten bringt. Nach der Analyse von Aufnahmen von Spitzer und
anderen Teleskopen vermutet man aber, dass sich diese Sterne hinter dem dunklen
"Golf von Mexiko" des Nebels verbergen. Das Licht scheint nämlich auf Bildern in
manchen Wellenlängenbereichen von Objekten hinter den dunklen Wolken dieser
Struktur zu kommen.
Auch die Entfernung des Nebels zur Erde konnte man bislang nicht sicher
bestimmen. Man schätzt sie auf 1.800 Lichtjahre. Die Beobachtungen, die den
jetzt veröffentlichten Daten zu Grunde liegen, wurden gemacht, bevor das
Kühlmittel von Spitzer zu Ende ging. Seitdem stehen Spitzer
nur noch die beiden kürzesten Wellenlängenkanäle zur Verfügung.
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