Sternhaufen verraten Sternentstehungsgeschichte
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
9. November 2010
In Galaxien werden regelmäßig neue Sterne geboren. In welchem Ausmaß
dies geschieht, verrät den Astronomen einiges über die Entwicklung der
Systeme. Wissenschaftler der Universitäten in Bonn und Cambridge haben
nun ein neues Verfahren entwickelt, um mehr über die
Sternentstehungsgeschichte von weit entfernten Galaxien zu erfahren. Die
ersten Resultate erscheinen vielversprechend.
Die Große
Magellansche Wolke.
Bild: ESO |
Die
Entwicklungsgeschichte einer Galaxie von ihrer Entstehung kurz nach dem
Urknall bis heute lässt sich aus ihren Sternen ablesen. Das Beispiel der
Großen Magellansche Wolke verdeutlicht das: Die Zwerggalaxie befindet
sich heute auf einer Bahn um die Milchstraße. In ihr entstehen seit ein
bis zwei Milliarden Jahren deutlich mehr Sterne als zuvor. Das deutet
darauf hin, dass sich die Magellansche Wolke erst seit dieser Zeit im gravitativen Einflussbereich der Milchstraße befindet.
Die
Sternentstehungsgeschichte einer Galaxie lässt sich also gewissermaßen
wie ihr "kosmologisches Tagebuch" lesen. Dies machten sich Astronomen bislang
mit zwei unterschiedlichen Methoden zu Nutze. "Bei Galaxien in
unserer Nähe ist die Sache vergleichsweise einfach", erklärt Thomas Maschberger vom Argelander-Institut für Astronomie:
"Mit steigendem
Alter verändern Sterne nämlich ihre Farbe und Helligkeit. Wir beobachten
sie also mit dem Teleskop und können dann aus
Farb-Helligkeits-Diagrammen das Alter der Sterne ablesen."
Das machen
die Astronomen nicht nur für einen Stern - im
Falle der Großen Magellanschen Wolke sind es 24 Millionen. "So können wir
beispielsweise feststellen, wann die Galaxie hinsichtlich der Entstehung
neuer Sterne besonders aktiv war", erläutert der Bonner Astronom Professor
Dr. Pavel Kroupa. Für weiter entfernte Galaxien nutzen die
Wissenschaftler dagegen das Licht aller Sterne in ihnen zusammen. Aus
diesem Gesamtspektrum lassen sich ebenfalls Rückschlüsse auf die
Sternentstehungsgeschichte ziehen. Die Ergebnisse sind allerdings
wesentlich weniger detailreich.
Die
Astronomen aus Bonn und Cambridge haben nun eine neue Methode zur
Auswertung galaktischer Tagebücher erprobt. Basis dafür sind die
Umstände, in denen Sterne innerhalb einer Galaxie entstehen.
Typischerweise geschieht das nicht in völliger Isolation, sondern in
Sternhaufen. Sie entstehen, wenn das Gas innerhalb der
Galaxie lokal kondensiert. Je mehr Sterne in einer Galaxie entstehen,
desto mehr Sternhaufen finden sich in ihr und desto heller sind sie. Das
Alter dieser Strukturen lässt sich ebenfalls über das von ihnen
ausgehende Licht bestimmen.
"Auf diese Weise können wir also genau wie
anhand von Einzelsternen die Sternentstehungsgeschichte rekonstruieren",
betont Kroupa. "Der Vorteil daran: Sternhaufen lassen sich auch in
relativ weit entfernten Galaxien noch individuell auswerten. Wir können
daher für eine viel größere Zahl von Galaxien erheblich detailliertere
Ergebnisse erhalten, als bisher möglich war."
Ein erster Testfall war die Anwendung der Methode auf die Große Magellansche
Wolke. Durch ihre Nähe war es den Forschern möglich, die
Sternhaufen-Methode mit der Farben-Helligkeits-Diagramm-Methode zu
vergleichen. "Beide führen für die letzte Milliarde Jahre zu im
Wesentlichen identischen Ergebnissen", freut sich Maschberger.
"Das zeigt, dass unser Vorschlag funktioniert und auch auf weitere
Galaxien angewandt werden kann."
Für die entferntere Vergangenheit unterscheiden sich die Ergebnisse jedoch:
Es gibt weit mehr alte Sterne, als man anhand der sichtbaren Sternhaufen
erwarten würde. Dieser Befund ist bisher rätselhaft: Könnte sich die Art geändert
haben, wie sich Sterne
bilden? Oder ist vielleicht die Wechselwirkung der Großen Magellanschen
Wolke mit der Milchstraße dafür verantwortlich? "Diese Fragen machen
unsere Arbeit in der nächsten Zeit außerordentlich spannend," so Maschberger.
Die Ergebnisse der Astronomen erscheinen in Kürze in der Fachzeitschrift
Monthly Notices of
the Royal Astronomical Society.
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