Asteroidenpaare beweisen Neptuns Unschuld
von
Rainer Kayser
13.
Oktober 2010
Mithilfe von Computersimulationen haben Astronomen zeigen
können, dass der achte Planet Neptun offenbar nicht die Rolle bei der Entstehung
des Kuipergürtels gespielt hat, die man ihm bislang im sogenannten Nizza-Modell
zugedacht hatte. Die Forscher schlossen dies aus den zahlreichen schwach
gebundenen Asteroidenpaaren in dieser äußeren Region des Sonnensystems.
Vermutlich
unschuldig an der Entstehung des Kuipergürtels:
der Neptun.
Bild: NASA/JPL |
Im Kuipergürtel jenseits der Neptun-Bahn gibt es eine Vielzahl nur schwach gebundener Doppel-Asteroiden. Computersimulationen kanadischer Forscher zeigen, dass diese Asteroidenpaare unter dem Schwerkraft-Einfluss Neptuns zerfallen wären, wenn der achte Planet - wie im so genannten Nizza-Modell der Frühphase des Sonnensystems beschrieben - eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Kuipergürtels gespielt hätte. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse vergangene Woche auf der Jahrestagung der Abteilung für
Planetenforschung der American Astronomical Society präsentiert.
"Unsere Arbeit nutzt erstmalig diese Doppel-Asteroiden, um die Wanderung und die frühe Entwicklung des klassischen Kuipergürtels zu untersuchen", erläutert Alex Parker von der
University of Victoria, der die Simulationen gemeinsam mit JJ Kavelaars vom
Herzberg Institute of Astrophysics in Victoria durchgeführt hat. "Wir
zeigen, dass es keine engen Begegnungen zwischen Neptun und diesen Paaren
gegeben haben kann."
Dieses Ergebnis widerspricht dem unter Planetenforschern populären Nizza-Modell. Danach sind die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun in einer relativ engen Zone im 5- bis 15-fachen Abstand Erde-Sonne entstanden. Durch eine Resonanz zwischen der Jupiter- und der Saturnbahn wurde diese Konfiguration instabil und die Planeten wanderten zu ihren heutigen Plätzen im Sonnensystem. Dabei sorgten sie allerdings für allerlei Durcheinander, denn außerhalb der großen Planeten schwirrten noch viele Kleinkörper aus der Entstehungszeit des Sonnensystems herum. Frühere Simulationen hatten gezeigt, wie daraus der Kuiper-Gürtel jenseits der Neptunbahn entstanden sein könnte.
Zum klassischen Kuipergürtel rechnen die Astronomen Objekte mit kleinen Bahnneigungen bis zu 30 Grad im Bereich des 41- bis 50-fachen Abstands Erde-Sonne. In dieser Zone gibt es tausende von Himmelskörpern größer als 100 Kilometer, rund ein Drittel davon bilden gravitativ gebundene Paare. Von diesen Paaren wiederum sind fünf bis zehn Prozent extrem weite Paare mit vergleichbaren Massen, die sehr empfindlich auf äußere Störungen reagieren. Die Umlaufzeiten dieser Doppel-Asteroiden betragen häufig mehrere Jahre.
|