Balkenspiralgalaxie in neuem Licht
von Stefan Deiters astronews.com
22. September 2010
Die ESO hat jetzt eine neue Aufnahme der Balkenspiralgalaxie
NGC 1365 veröffentlicht. Sie entstand mit Hilfe der am Very Large Telescope
montierten Infrarot-Kamera HAWK-I und zeigt eindrucksvolle Details der 60
Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie, die im sichtbaren Bereich des Lichtes
nicht zu erkennen sind. NGC 1365 ist Teil des Fornax-Galaxienhaufens.
Infrarot-Blick mit HAWK-I auf die
Balkenspiralgalaxie NGC 1365.
Bild: ESO/P. Grosbøl [Großansicht]
Die Balkenspiralgalaxie NGC 1365 im
sichtbaren Bereich des Lichtes.
Bild: ESO/P. Grosbøl [Großansicht] |
NGC 1365 gehört mit zu den bekanntesten und am besten untersuchten
Balkenspiralgalaxien überhaupt und gilt vielen als Prototyp einer
Balkenspiralgalaxie. Deutlich erkennbar sind der ausgeprägte Balken und zwei
eindrucksvolle äußere Spiralarme. Zudem ist in der Nähe des Zentrums noch eine
weitere Spiralstruktur auszumachen. Auch Staubschwaden sind zu erkennen.
Für die Astronomen stellt NGC 1365 ein ideales Studienobjekt dar, um die
Entstehung und Entwicklung von Spiralgalaxien zu studieren. Die neuen
Infrarotaufnahmen der Kamera HAWK-I, die am Very Large Telescope
der ESO auf dem Gipfel des chilenischen Paranal montiert ist, erlaubt den
Forschern nun einen ganz neuen Blick auf die Galaxie. Im Infraroten lässt sich
nämlich durch Teile des Staubs hindurchblicken und so das Leuchten unzähliger
Sterne im Balken und in den Spiralarmen erkennen.
Besonders interessierte die Astronomen bei diesen Beobachtungen die komplexe
Bewegung von Material in der Galaxie und wie sie die Gasvorräte beeinflusst, aus
denen dann neue Sterne entstehen. Der gewaltige Balken sorgt nämlich für
Störungen im Gravitationsfeld der Galaxie, durch die in bestimmten Bereichen Gas
komprimiert und dadurch Sternentstehung angeregt wird.
In den Spiralarmen sind unzählige junge Sternhaufen zu erkennen, jeder
enthält Hunderte oder gar Tausende junger und heller Sterne, die alle innerhalb
der letzten zehn Millionen Jahre entstanden sind. Die Galaxie ist zu weit
entfernt, um in ihr einzelne Sterne ausmachen zu können - bei den kleinen, auf
dem Bild erkennbaren Klumpen handelt es sich daher meist um ganze Sternhaufen.
Im dem eindrucksvollen Balken der Galaxie finden sich vor allem ältere
Sterne. In der Spiralstruktur in der Nähe des Zentrums von NGC 1365 hingegen
liegen unzählige Sternentstehungsgebiete. Der Balken leitet auch Staub und Gas
in die Nähe des Zentrums. Hier verbirgt sich nach Ansicht der Astronomen ein
supermassereiches Schwarzes Loch - gut versteckt hinter den unzähligen jungen
und hellen Sternen.
NGC 1365 hat, einschließlich der beiden äußeren Spiralarme, einen Durchmesser
von über 200.000 Lichtjahren. Verschiedene Bereiche der Galaxie benötigen
unterschiedlich lange, um einmal das Zentrum zu umkreisen. Ein Stern im äußeren
Bereich des Balkens beispielsweise braucht dafür rund 350 Millionen Jahre.
Balkenspiralgalaxien sind für Astronomen noch aus einem ganz besonderen
Grunde interessant: In den vergangenen Jahren fand man Hinweise darauf, dass
auch die Milchstraße eine Balkenspiralgalaxie ist (astronews.com berichtete).
Ein Blick auf NGC 1365 ist damit auch ein Blick auf einen Verwandten unserer
Heimatgalaxie. Die Wissenschaftler schätzen, dass etwa zwei Drittel aller
Spiralgalaxien einen Balken haben.
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