Supernova 1987A in drei Dimensionen
von Stefan Deiters astronews.com
4. August 2010
Mit dem am Very Large Telescope der Europäischen
Südsternwarte ESO montierten Instrument SINFONI ist es Astronomen gelungen,
einen dreidimensionalen Blick auf das Material zu werfen, das während einer
Supernova-Explosion ins All geschleudert wurde. Das explosive Ende eines
massereichen Sterns war im Jahr 1987 am Himmel zu sehen und dürfte die wohl am
besten untersuchte Supernova-Explosion überhaupt sein.
Künstlerische Darstellung der Umgebung der
Supernova 1987A, wie sie nach den jüngsten
Beobachtungen auszusehen scheint.
Bild: ESO/L. Calçada [Großansicht] |
Das nukleare Leben massereicher Sterne endet mit einer
spektakulären Explosion, einer sogenannten Supernova. Dabei wird ein großer Teil
des ursprünglichen Sterns ins All geschleudert, während im Zentrum ein
Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch zurückbleibt. Für kurze Zeit kann eine
solche Supernova ausgesprochen hell erscheinen, so dass lichtschwache Sterne
plötzlich auch mit bloßem Auge zu sehen sind.
Zu solchen mit bloßem Auge erkennbaren Supernova-Explosionen gehörte
auch die Supernova 1987A, die man 1987 in der Großen Magellanschen Wolke
beobachten konnte. Es war die erste Supernova seit 383 Jahren, die wieder ohne
weitere Hilfsmittel zu sehen war. Wegen ihrer relativen Nähe wurde die
Sternexplosion in den folgenden Jahren auch zu einem beliebten Beobachtungsziel
von Astronomen, die hier die Folgen eines solchen Sternentods im Detail
studieren konnten.
Dabei wurden unter anderem die Neutrinos entdeckt, die im kollabierenden
stellaren Kern frei wurden und für die Explosion gesorgt hatten. Man fand den
Vorgängerstern der Supernova auf alten Archivaufnahmen, spürte radioaktive
Elemente und Staub auf, die alle während der Explosion entstanden sein müssen
und entdeckte auch Hinweise auf einen asymmetrischen Ablauf der
Supernova-Explosion.
Mithilfe des Instrumentes SINFONI (Spectrograph for INtegral Field
Observations in the Near Infrared), das am Very Large Telescope der ESO auf
dem Gipfel des chilenischen Paranal montiert ist, gelang Astronomen nun ein
noch detaillierterer Blick in den Zentralbereich der Supernova. Sie erstellten aus
den Daten die erste 3D-Ansicht dieser Region. Dabei zeigte sich, dass die
Explosion in manche Richtungen stärker war und schneller ablief als in andere,
was zu einer unregelmäßigen Form führte.
Das erste Material, das bei der Explosion ins All geschleudert wurde,
erreichte Geschwindigkeiten von etwa 100 Millionen Kilometern pro Stunde, was
etwa einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Doch auch mit dieser
Geschwindigkeit dauerte es zehn Jahre, bis das Material einen schon zuvor
vorhandenen Ring aus Gas erreichte, der vor der Explosion von dem sterbenden
Stern ins All abgestoßen wurde. Die Beobachtungen zeigten auch, dass sich eine zweite
Welle aus Material mit einer zehnfach niedrigeren Geschwindigkeit vom
Explosionsort ausbreitet, die von radioaktivem Material aufgeheizt wird, das
während der Explosion entstanden ist.
"Wir haben die Geschwindigkeitsverteilung für das innere Auswurfmaterials der
Supernova 1987A bestimmt", erläutert Karina Kjær von der Queen's University
in
Belfast. "Wie genau ein Stern explodiert, ist noch nicht sehr gut verstanden,
aber im inneren Material der Explosion finden sich Hinweise auf die Abläufe. Wir
sehen, dass das Material nicht symmetrisch ins All geschleudert wurde, sondern
dass es offenbar eine Vorzugsrichtung gibt. Und diese Richtung unterscheidet
sich von der, die man durch den Ring erwartet hatte."
Ein unsymmetrischer Ablauf einer Supernova-Explosion wurde jüngst auch von
neuen Computersimulationen vorhergesagt. Danach sind großräumige Instabilitäten
während der Explosion dafür verantwortlich. Die neuen Beobachtungen, die nur
dank der Leistungsfähigkeit von SINFONI möglich wurden, liefern somit eine erste
Bestätigung für diese Modelle.
"Durch ein spezielles Verfahren erhalten wir für jeden Bildpunkt
Informationen über Natur und Geschwindigkeit des Gases", erläutert Kjær.
"Wir haben also nicht nur ein normales Bild, sondern auch die Geschwindigkeiten
entlang der Sichtlinie. Da wir aber die Zeit kennen, die seit der Explosion
vergangen ist und sich das Material störungsfrei ausbreiten konnte, können wir
die Geschwindigkeit in eine Entfernung umrechnen. Das gibt uns dann einen Blick
auf das Auswurfmaterial, wie man es von vorne und von der Seite sehen würde."
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