Wasser gab es früher überall
von Stefan Deiters astronews.com
1. Juli 2010
Bedingungen, die deutlich lebensfreundlicher sind als die,
die man heute auf dem Mars antreffen kann, könnten früher auf dem gesamten Roten
Planeten geherrscht haben. Im Inneren von Kratern auf der Nordhalbkugel des Mars
entdeckte man nämlich Mineralien, die darauf hindeuten, dass es auch hier einmal
flüssiges Wasser gegeben haben muss.

Der Krater Lyot ist einer von mindestens neun
Kratern auf der Nordhalbkugel des Mars, in dem
Hinweise auf eine feuchtere Periode entdeckt
wurden. Die Sterne markieren Stellen, in denen
hydratisiertes Silikatgestein nachgewiesen werden
konnte.
Bild: NASA / ESA / JPL-Caltech / JHU-APL
/ IAS
[Großansicht] |
Die in der vergangenen Woche vorgestellte Untersuchung basiert auf Daten der
NASA-Sonde Mars Reconnaissance Orbiter und der ESA-Sonde Mars
Express. Beide Sonden konnten hydratisiertes Silikatgestein in der
nördlichen Tiefebene des roten Planeten nachweisen - ein klarer Hinweis darauf,
dass hier einmal Wasser geflossen sein muss.
Zuvor waren unzählige Stellen auf der Südhalbkugel des Mars entdeckt worden,
wo offenbar das dortige Gestein durch flüssiges Wasser verändert worden war. Als
Indiz dafür gilt der Fund von Tonmineralen, die man auch als Schichtsilikate
bzw. Phyllosilicate bezeichnet. Dies führte zu der Annahme, dass die
Umweltbedingungen auf der Südhalbkugel einst deutlich wärmer und feuchter als
heute gewesen sein müssen.
Allerdings gab es bislang entsprechende Funde auf der Nordhalbkugel des roten
Planeten nicht. Die Suche dort wird durch eine dicke Lavaschicht sowie
Sedimentablagerungen erschwert, die das darunter liegende Gestein verdecken.
Erste Hinweise darauf, dass es auch auf der Nordhalbkugel hydratisierte Silikate
geben könnte, lieferte das OMEGA-Instrument an Bord von Mars Express.
Allerdings fand die Sonde nur sehr kleine Vorkommen, so dass noch detailliertere
Beobachtungen nötig waren, um den Fund bestätigen zu können.
Diese Aufgabe übernahm der Mars Reconnaissance Orbiter. Er
untersuchte 91 größere Einschlagkrater, die so tief waren, dass in ihnen
verborgene Gesteinsschichten freigelegt wurden. Das Team konnte so in mindestens
neun dieser Krater Schichtsilikate oder andere hydratisierte Silikate nachweisen
- und zwar genau die gleichen, die man auch auf der Südhalbkugel des Mars
gefunden hatte.
"Wir können nun sagen, dass der gesamte Planet vor mehr als vier Milliarden
Jahren durch flüssiges Wasser verändert wurde", erläutert John Carter von der
Universität in Paris die Bedeutung der Ergebnisse. Die nur geringe Zahl von weit
verstreut liegenden Fundstellen auf der Nordhalbkugel macht allerdings eine
Aussage über die damaligen Umweltbedingungen schwierig. Art und Fundstellen der
Mineralien liefern jedoch zumindest einige Hinweise.
"Sie sind reich an Eisen und Magnesium, enthalten aber weniger Aluminium.
Dass sie sich zudem in unmittelbarer Nähe von Olivinen fanden, das sehr leicht
von Wasser verändert wird, deutet darauf hin, dass sie nur kurz, vielleicht zehn
bis einige 100 Millionen Jahre Wasser ausgesetzt waren", so Jean-Pierre Bibring
von der Universität in Paris, der für das OMEGA-Instrument an Bord von Mars
Express verantwortlich ist.
Die lebensfreundliche Periode des Mars dürfte also nur eine relativ kurze
Zeit angedauert haben. Die Wissenschaftler fanden auch keine Hinweise darauf,
dass anschließend ein großer flacher Ozean die von Lava überzogene nördliche
Tiefebene des roten Planeten bedeckte, wie von einigen Forschern vermutet worden
war. "Unsere Resultate liefern keinerlei Anzeichen dafür, dass die Lavaebenen im
Norden einmal durch Wasser verändert worden sind", so Bibring.
Trotzdem könnte es auch dem Mars zumindest eine Zeitlang so lebensfreundlich
gewesen sein, dass primitive Organismen entstehen konnten - ein wichtiger
Fingerzeig für die Auswahl einer Landestelle für künftige Missionen. "Bei diesen
Untersuchungen konnten wir anhand der Mineralogie des Mars einiges über seine
Geschichte erfahren", so Olivier Witasse, ESA-Projektwissenschaftler für
Mars Express. "Es ist ein weiteres Beispiel für die fruchtbare
Zusammenarbeit von europäischen und amerikanischen Wissenschaftlern."
|