Die genauesten Uhren im Universum
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. Juni 2010
Ein internationales Team von Astronomen hat das Verhalten von Pulsaren
untersucht und dabei ein Verfahren entdeckt, das sie zu den mit Abstand
genauesten Zeitmessern im Universum werden lässt. Die Wissenschaftler
erzielten diesen Durchbruch mit Hilfe von Messreihen ihrer Radiosignale, die
mit dem 76-Meter-Lovell-Radioteleskop am englischen Jodrell-Bank-Observatorium
gewonnen wurden.
Schematische Darstellung eines Pulsars. Pulsare
stellen die genauesten natürlichen Uhren dar, die
man bisher kennt.
Bild: Michael Kramer / MPI für
Radioastronomie |
Pulsare sind seit ihrer erstmaligen Entdeckung im Jahr 1967 vor
allem im Bereich der Radiofrequenzen sehr genau untersucht worden. Ihre
extrem hohe Rotationsstabilität, das heißt, die Genauigkeit, mit der sie
die Dauer einer Drehung um ihre Achse einhalten, hat unter anderem zur
Entdeckung der ersten extrasolaren Planeten geführt und ermöglicht eine
Reihe von Tests zur Überprüfung unserer Theorien über das Universum.
Allerdings ist diese Rotationsstabilität nicht perfekt, wobei bis heute
irreguläre Effekte in ihrem Umlauf die Verwendung als hochpräzise
Zeitmesser erheblich einschränken.
Das Forscherteam, angeführt von Andrew Lyne, hat Beobachtungen von
Pulsaren mit dem 76-m-Lovell-Radioteleskop dazu verwendet, diese
Abweichungen systemtisch zu untersuchen und dabei eine Methode entdeckt,
mit der man sie korrigieren kann. "Die besten Uhren, die der Menschheit
zur Verfügung stehen, benötigen alle eine Korrektur, etwa für die
Effekte von schwankenden Temperaturen, unterschiedlichem atmosphärischem
Druck, Feuchtigkeit oder dem lokalen Magnetfeld", sagt Lyne. "Hier in
unseren Beobachtungen haben wir vielleicht eine Methode gefunden, unsere
astrophysikalischen Uhren, die Pulsare, zu korrigieren."
Die Umdrehungsgeschwindigkeit, mit der die Pulsare um ihre Achse
rotieren, nimmt sehr langsam ab. Dabei haben die Wissenschaftler
herausgefunden, dass Abweichungen in dieser Messgröße vor allem dadurch
entstehen, dass es zwei unterschiedliche Raten in der Verlangsamung gibt
und nicht nur eine, und dass die Pulsare zwischen beiden Raten in der
Verlangsamung hin- und her wechseln, und das abrupt und recht
unvorhersehbar.
"Diese Wechsel stehen im Zusammenhang mit der Form der Pulse oder Ticks,
die der Pulsar aussendet", so beschreibt George Hobbs die zweite
wichtige Entdeckung des Forscherteams. "Deshalb brauchen wir hochpräzise
Messungen der Pulsform über eine möglichst lange Zeitsequenz - so können
wir die Abnahme der Pulsperiode extrem genau bestimmen und daraus einen
'Korrekturfaktor' für den jeweiligen Pulsar ableiten. Damit wird die
Ganggenauigkeit der Pulsaruhren nochmals erheblich gesteigert."
"Unsere Ergebnisse ermöglichen einen völlig neuen Zugang zu den extremen
Bedingungen in der Umgebung von Neutronensternen", sagt Michael Kramer,
Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie und Leiter der
Forschungsgruppe "Radioastronomische Fundamentalphysik", der auch zu der
Forschergruppe gehörte. "Sie haben das Potential, unsere ohnehin schon
sehr präzisen Vermessungen der Gravitation nochmals entscheidend zu
verbessern."
Die Forscher hoffen, dass die neuen Erkenntnisse über die Verlangsamung
der Pulsperiode von Pulsaren die Wahrscheinlichkeit erhöht, mit Hilfe
der am schnellsten rotierenden Pulsare endlich die ersten
Gravitationswellen direkt in der Struktur der Raumzeit nachzuweisen.
"Weltweit haben schon viele Observatorien versucht, über Pulsare
diejenigen Gravitationswellen nachzuweisen, die bei der Bildung von
supermassereichen Schwarzen Löchern im Universum gebildet werden", so
Teammitglied Ingrid Stairs. "Mit unserer neuen Technik sollten wir in
der Lage sein, die Signale von Gravitationswellen zu erfassen, die im
Moment noch in den Unregelmäßigkeiten des Pulsarsignals versteckt
bleiben."
|