Mysteriöser Blitz und fehlender Wolkengürtel
von Stefan Deiters astronews.com
18. Juni 2010
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben
Astronomen zwei neue Phänomene in der Atmosphäre des Gasriesen Jupiter
detaillierter untersucht: Anfang des Monats wurde von Amateurastronomen ein
mysteriöser Lichtblitz auf Jupiter beobachtet und außerdem verschwand vor
einigen Monaten ein dunkler Wolkengürtel auf der Südhalbkugel des Planeten.
Der Jupiter am
7. Juni 2010 (oben) und am 23. Juli 2009 (unten).
Der fehlende dunkle Streifen ist im oberen Bild
deutlich zu erkennen.
Bild: NASA, ESA, M. H. Wong (University of
California, Berkeley, USA), H. B. Hammel (Space
Science Institute, Boulder, Colorado, USA), A. A.
Simon-Miller (Goddard Space Flight Center,
Greenbelt, Maryland, USA) und das Jupiter Impact
Science Team
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Am 3. Juni 2010 um 22.31 MESZ bemerkte der australische
Amateurastronom Anthony Wesley einen zwei Sekunden langen Blitz auf der
Oberfläche des Jupiter. Chris Go, ein Amateurastronom auf den Philippinen
bestätigte das Ereignis, das er zudem auf Video aufgenommen hatte. Doch um was
handelte es sich? War Wesley, der schon den berühmt gewordenen Einschlag auf
Jupiter im letzten Jahr entdeckt hatte (astronews.com berichtete), tatsächlich
schon wieder Zeuge einer Kollision eines Objekts mit dem Gasriesen geworden?
Astronomen gingen davon aus, dass etwas recht Signifikantes den Gasriesen
getroffen haben musste - andernfalls wäre der Lichtblitz nicht so hell gewesen,
dass er noch aus einer Entfernung von rund 770 Millionen Kilometern zu
beobachten war. Aber welche Größe hatte dieses Objekt und wie weit konnte es in
die Atmosphäre eindringen? In den letzten zwei Wochen suchten Astronomen
Hinweise auf das Ereignis, etwa nach einer dunklen Einschlagstelle, wie sie nach
dem Einschlag im vergangenen Jahr für einige Zeit zu sehen gewesen war.
Auch das Weltraumteleskop Hubble wurde zur Suche eingesetzt. Nur
etwas mehr als drei Tage nach der Kollision suchte das Teleskop nach
entsprechenden Spuren, fand aber nichts. Die Astronomen folgern daraus, dass das
auftreffende Objekt nicht in die tiefere Atmosphäre eindringen konnte und dort
explodiert ist. Dies hätte nämlich deutlich sichtbare dunkle Spuren hinterlassen
müssen. Es dürfte sich also um ein deutlich kleineres Objekt als im vergangenen
Jahr gehandelt haben, vergleichbar etwa einem Meteor.
"Die oberen Wolkenschichten an der Einschlagstelle hätten auf Bildern im
ultravioletten und im sichtbaren Bereich des Lichts dunkel aussehen müssen,
durch die Trümmer der Explosion", erklärt Heidi Hammel vom Space Science
Institute in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. "Wir konnten keine
entsprechenden Strukturen in der Umgebung des Einschlagortes erkennen, was
darauf hindeutet, dass es keine größere Explosion und keinen Feuerball gab."
"Beobachtungen dieser Einschläge sind für uns auch ein Fenster in die
Vergangenheit, auf Prozesse, die in der Frühphase des Sonnensystems ständig
abliefen", erläutert Leigh Fletcher von der University of Oxford in
Großbritannien, der auch zum Beobachterteam gehörte. "Die beiden Kollisionen von
2009 und 2010 zu vergleichen sollte uns hoffentlich einiges über die
verschiedenen Typen von Einschlägen im äußeren Sonnensystem verraten und welche
Auswirkungen es dabei in der Jupiteratmosphäre gibt."
Bei den Hubble-Beobachtungen konnten die Astronomen zudem einen
Blick auf eine weitere auffällige Veränderung in der Jupiteratmosphäre werfen:
Ein dunkles Wolkenband südlich des Äquators war nämlich in den vergangenen
Monaten verschwunden. Die Hubble-Beobachtungen zeigten nun, dass die
dunkleren tieferliegenden Wolken offenbar von einer höheren, helleren
Wolkenschicht aus Ammoniakeis-Wolken verdeckt werden.
Das Team vermutet, dass sich die Ammoniakwolken innerhalb der nächsten Monate
wieder auflösen werden, wie das auch schon früher der Fall war. Erstes Zeichen
dafür wäre das Erscheinen einiger dunkler Punkte, wie sie Hubble etwas
südlicher beobachten konnte. "Die Bilder verraten uns, dass diese Flecken Löcher
sind, die durch lokale Abwärtsströmungen entstehen. Solche Löcher deuten oft
darauf hin, dass ein Wechsel zu erwarten ist", so Amy Simon-Miller vom
Goddard Space Flight Center der NASA.
Das Verschwinden dieses dunklen Bandes auf der Südhalbkugel konnten die
Astronomen bereits Anfang der 1970er Jahre einmal verfolgen. Damals standen
allerdings nicht die Beobachtungsmöglichkeiten zur Verfügung, die die
Wissenschaftler heute nutzen können.
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