Mehr Wasser im Mondinneren als gedacht?
von Stefan Deiters astronews.com
15. Juni 2010
Eine neue Studie deutet darauf hin, dass in Mineralien auf
dem Mond mehr Wassermoleküle eingeschlossen sein könnten, als bislang
angenommen. Zusammen, so die Schätzungen, dürfte die Wassermenge reichen, um die
Großen Seen in den USA zu füllen. Das Wasser scheint zudem schon sehr früh in
der Entwicklungsgeschichte des Mondes vorhanden gewesen zu sein.
Der Erdmond:
Mehr Wasser im Inneren als bislang angenommen?
Bild: NASA / JPL / Cassini Imaging Team /
University of Arizona
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"Über 40 Jahre lang dachten wir, der Mond sei trocken", so Francis
McCubbin vom Geophysical Laboratory der Carnegie Institution
in Washington. "In unserer Studie haben wir uns mit Hydroxyl, der Verbindung
eines Sauerstoffatoms mit einem Wasserstoffatom, und mit Apatit, einem Mineral
mit möglichen Wassereinschlüssen, in zwei Apollo-Gesteinsproben vom
Mond und einem Mondmeteoriten beschäftigt." Die Forscher veröffentlichten die
Resultate dieser Untersuchung in den Proceedings of the National Academy of
Science.
Mit den Methoden, die McCubbin und sein Team anwandten, lassen sich Elemente
auch noch dann entdecken, wenn sie nur eine Häufigkeit von einem Partikel unter
einer Milliarde Teilchen haben. Die Messungen kombinierten sie mit Modellen über
die Aushärtung des Mondes nach seiner Entstehung und errechneten auf diese Weise
einen Wassergehalt zwischen 64 Teilchen pro Milliarde Partikeln und 5 Teilchen
pro Million Partikeln. Das Resultat liegt deutlich über früheren Schätzungen,
die den Wassergehalt auf dem Mond bei unter einem Teilchen pro Milliarde
Partikel sahen.
"Wenn wir über Wasser auf dem Mond reden, sprechen wir von Wasser in der Form
von Hydroxyl", erläutert Jim Green, Direktor der Abteilung für
Planetenwissenschaften am NASA-Hauptquartier in Washington. "Und das ist ein
sehr kleiner Bestandteil des Gesteins, aus dem das Innere des Mondes besteht."
Insofern sollte man nicht annehmen, dass durch die jetzt vorgestellten
Ergebnisse der Mond für einen irdischen Besucher weniger trocken und
lebensfeindlich geworden ist. So würde zum Beispiel eine Bohrung nach Wasser auf
dem Erdtrabanten keinen Erfolg haben.
Die Entstehung des Mondes erklärt man sich heute durch die Kollision eines
Mars-großen Objektes mit der jungen Erde. Dabei wurde eine große Menge von
Material in einen Erdorbit geschleudert, aus dem sich schließlich der Mond
formte. In der Abkühlphase des neuen Erdtrabanten ist das Wasser dann entweder
entwichen oder hat sich in Form von Hydroxyl-Molekülen in Mineralien erhalten,
die in dieser Zeit auskristallisiert sind.
In letzter Zeit waren in mehreren Studien Indizien für die Existenz von
Wasser auf der Mondoberfläche oder in Mondgestein entdeckt worden (astronews.com
berichtete). Die Carnegie-Forscher wählten für ihre Analyse einen bestimmten Typ
von kristallinem Mondgestein aus, das unter der Bezeichnung KREEP bekannt ist (K
steht für Kalium, REE für "rare Earth elements", also auf der Erde seltene
Elemente, und P für Phosphor). Es findet sich etwa in nach Einschlägen
aufgeschmolzenem Gestein sowie in Basaltgestein.
"Da Wasser im überwiegenden Teil der auskristallisierten Silikate nicht
löslich ist, haben wir angenommen, dass es sich in diesem Gestein gesammelt
haben muss", erläutert Carnegie-Forscher Andrew Steele. "Deswegen haben
wir KREEP genauer untersucht." Die Ergebnisse deuten nach Ansicht der
Wissenschaftler darauf hin, dass Wasser zwar nur in äußerst geringer
Konzentration im Mondgestein vorhanden ist, dafür aber überall im Mondinneren -
und dies vermutlich schon seit Entstehung des Mondes.
"Es ist ein schönes Gefühl, dass man nun Hydroxyl in Apatit vom Mond
nachweisen konnte", meint auch Bradley Jolliff von der Washington University
in St. Louis. "Die Konzentration ist sehr niedrig, weswegen es auch erst jetzt
nachgewiesen werden konnte. Nun können wir damit beginnen, uns zu überlegen, was
das bedeutet und wie genau das Wasser im Inneren des Mondes entstanden ist."
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