Neues Fertigungsverfahren für Teleskopspiegel
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft astronews.com
3. Juni 2010
Ultrapräzise gefertigte und exakt positionierte Metallspiegel sind das
Herzstück moderner Teleskope. Forscher des Fraunhofer-Instituts für
Angewandte Optik und Feinmechanik haben jetzt eine neue Fertigungsstrategie
entwickelt, mit der sich komplexe optische Flächen in sehr guter Form- und
bislang unerreichter Lagegenauigkeit herstellen lassen.
Die Baugruppe M2/M3 mit zwei exakt
ausgerichteten asphärischen Spiegeln aus dem
Spiegelteleskop IRS-Tel wurde durch zusätzliche
Referenzmarken in höchster Präzision gefertigt.
Foto: Fraunhofer IOF |
Für die Erforschung des Weltalls, aber auch für die Klimabeobachtung und
Wettervorhersage benötigen Satelliten immer leistungsfähigere optische
Mess- und Aufnahmegeräte. Sie bestehen oft aus mehreren asphärisch
geformten Spiegelelementen, die erst durch ihr präzises Zusammenspiel
das einfallende Licht in gewünschter Weise abbilden. "Alle Spiegel
müssen ultrapräzise – sprich mit einer Genauigkeit unter einem
Mikrometer – gefertigt und charakterisiert werden. Ebenso wichtig aber
ist es, sie exakt zueinander in Position zu bringen", erklärt Sebastian
Scheiding vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik
(IOF) in Jena.
Dieses Positionieren gestaltet sich bis dato sehr zeitaufwändig, da es
schrittweise erfolgt: Zunächst baut man die einzelnen Spiegel
nacheinander ins Teleskop ein und misst dann dessen Abbildungsqualität.
Zeigen sich dabei Ungenauigkeiten oder Fehler, so versucht man diese
durch Lagekorrekturen der Spiegel auszugleichen. Dann misst man wieder
und korrigiert erneut – bis die optimale Anordnung aller Komponenten
erreicht ist.
"Wir wollten dieses umständliche und langwierige Justieren
vereinfachen", berichtet Scheiding. Dazu hat der Wissenschaftler in
einem Forschungsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) eine neuartige Fertigungsstrategie entwickelt, die von vornherein
die spätere Anordnung der Bauteile berücksichtigt. Dabei werden die
einzelnen Spiegelflächen bereits während ihrer Bearbeitung ebenso
präzise zueinander positioniert wie später im Teleskop. So lassen sich
Fehler und Korrekturen beim anschließenden Zusammenbau auf ein Minimum
reduzieren; die Spiegelmontage ist einfach und reproduzierbar.
"Der Trick besteht darin, dass wir alle Spiegel eines Moduls
gleichzeitig in derselben Maschine aufspannen und dort einem gemeinsamen
Koordinatensystem zuordnen. Dazu wird jeder Spiegel-Rohling mit
definierten, ultrapräzisen Messmarken und Referenzflächen versehen,"
erläutert Scheiding. Diese fixen Marken verkörpern das Koordinatensystem
beim Diamantdrehen der Spiegelformen. Zugleich legen sie aber auch die
Lage jedes Spiegels gegenüber den benachbarten Spiegeln fest.
Schließlich dienen sie auch als Bezugspunkte für nachfolgende
Messprozesse, mit denen die Qualität des optischen Systems überprüft
wird.
Welcher Grad an Präzision sich durch solche definierten
Referenzstrukturen erzielen lässt, demonstriert das IOF am Beispiel
einer Spiegelanordnung für ein Infrarot- Sounder-Teleskop, kurz IRS-TEL.
Sie umfasst zwei Spiegelmodule mit jeweils zwei nebeneinander liegenden
Aluminiumspiegelflächen. Die Form eines Metallspiegels weicht nur 126
Nanometer von der idealen Asphärenform ab, und die Lage zweier Spiegel
zueinander ist zehnmal genauer als bei vergleichbaren Spiegelbaugruppen,
die konventionell gefertigt wurden. "Damit können wir solche Optiken um
eine ganze Größenordnung präziser herstellen, und sind zudem günstiger,
weil die zeitaufwändige Justierung bei der Endmontage entfällt," sagt
Scheiding.
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