Rätselhafter Exoplanet ohne Methan
von Stefan Deiters astronews.com
27. April 2010
Mit Hilfe des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer
haben Astronomen die Atmosphäre eines Neptun-großen extrasolaren Planeten
analysiert und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht: Auf dem Planeten
gibt es kein Methan, obwohl alle Modelle darauf hindeuten, dass dieser Stoff
dort vorhanden sein sollte. Die Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel.
So könnte der Planet GJ 436b aussehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech |
"Das ist ein großes Mysterium", meint Kevin Stevenson, ein
Doktorand für Planetenwissenschaften an der University of Central Florida
und Hauptautor eines Fachartikels über die Beobachtungen, der in der vergangenen
Woche in der Zeitschrift Nature erschienen ist. "Nach den Modellen
sollte der Kohlenstoff auf diesem Planeten in Form von Methan vorliegen.
Theoretiker werden wohl lange knobeln, warum das hier offenbar nicht der Fall
ist."
Mit der Untersuchung der Atmosphäre des extrasolaren Planeten GJ 436b sind
die Astronomen der Analyse von Atmosphären erdähnlicher Planeten ein Schritt
näher gekommen: Der 33 Lichtjahre entfernte Planet, der in 2,64 Tagen um einen
roten Zwergstern kreist, hat nämlich nur in etwa die Masse des Neptun und ist
damit der bislang kleinste extrasolare Planet, dessen Atmosphäre man genauer
untersuchen konnte. "Unser großes Ziel ist es natürlich, einmal Signaturen von
Leben auf kleineren Gesteinsplaneten zu finden", so Stevenson. "Sauerstoff, mit
vielleicht noch ein wenig Methan, könnte ein Hinweis sein, dass wir Menschen
nicht allein sind."
Methan gibt es auch auf der Erde und wird hauptsächlich von Mikroben erzeugt,
etwa im Verdauungsapparat von Kühen. Im Fall von GJ 436b vermutet man
allerdings keine außerirdischen Wiederkäuer, sondern erwartet Methan aus rein
chemischen Gründen. "Auf diesem Typ von Planeten sollte Methan entstanden sein",
so Joseph Harrington von der University of Central Florida, der die
Studie leitete. "Wenn man keines findet, ist das in etwa so, als würde man Brot
in geschlagene Eier tauchen, braten und am Ende Haferbrei bekommen."
In jeder Atmosphäre, deren Hauptbestandteile Wasserstoff, Kohlenstoff und
Sauerstoff sind, sollte es bei Temperaturen von etwa bis 725 Grad Celsius große
Mengen von Methan und auch einen kleinen Anteil von Kohlenmonoxid geben, der
Kohlenstoff sich also bevorzugt in Form von Methan finden lassen.
GJ 436b hat eine Temperatur von ungefähr 525 Grad Celsius, weswegen die
Astronomen erwartet hatten, in der Atmosphäre des Planeten große Methanmengen
nachweisen zu können. Doch als das Infrarotweltraumteleskop Spitzer die
Atmosphäre in sechs verschiedenen Infrarotwellenlängen untersuchte, fanden sich
zwar Spuren von Kohlenmonoxid, jedoch kein Methan. "Das bereitet uns erhebliches
Kopfzerbrechen", so Harrington. "Aber es zeigt nur, dass wir unsere Modelle noch
weiter verbessern müssen. Jetzt haben wir Daten von einem weit entfernten
Planeten, von dem wir lernen können, was sich wirklich in der Atmosphäre
abspielt."
Spitzer gelang die Analyse, weil der ferne Planet von der Erde aus
gesehen regelmäßig hinter seinem Stern verschwindet. So lässt sich der Anteil
des Lichts bestimmen, das von dem Planeten stammt. Mit diesem Verfahren wurden
in den vergangenen Jahren schon verschiedene extrasolare Planeten genauer
untersucht (astronews.com berichtete). Die Beobachtungen wurden zu einer Zeit
gemacht, als das Spitzer-Weltraumteleskop noch über ausreichend
Kühlmittel verfügte, also noch vollständig funktionsfähig war.
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